Prof. Dr. Reinhold Hölscher, Dr. Rainer Bonn
Die positiven bzw. negativen Wirkungen eines hohen Verschuldungsgrads auf die Eigenkapitalrentabilität hängen in großem Maße davon ab, ob und inwieweit mit dem eingesetzten Kapital mehr oder weniger verdient werden kann als der (relative) Zinsaufwand, d.h., ob die Gesamtkapitalrentabilität größer oder kleiner ist als der Fremdkapitalzinssatz.
Der gesamte Hebeleffekt besteht stets aus der Multiplikation der Differenz (GKR – FKR) mit dem Verschuldungsgrad. Daher werden in Abbildung 1 beide Faktoren in Bezug auf ihren gemeinsamen Einfluss auf die Eigenkapitalrentabilität untersucht. Dazu werden auf der Abszisse die Differenzen (GKR – FKR) von 1% bis 13 % aufgetragen und auf der Ordinate Verschuldungsgrade bis 90. Der Zusammenhang der beiden Größen wird durch die Hyperbeln im Koordinatensystem zum Ausdruck gebracht. Für jede Hyperbel gilt, dass jeder Punkt auf einer Kurve die gleiche Eigenkapitalrentabilität aufweist.
Abb. 1: Hebeleffekte in Bezug auf dei Eigenkapitalrentabilität
Es wird deutlich, dass sich ein hoher Verschuldungsgrad umso stärker auf die Eigenkapitalrentabilität auswirkt, je höher die Differenz von Gesamtkapitalrentabilität und Fremdkapitalzinssatz ist. Dieser Zusammenhang gilt in entsprechender Weise auch, wenn die Gesamtkapitalrentabilität kleiner als der Fremdkapitalzinssatz ist. In diesem Fall verringert ein hoher Verschuldungsgrad die Eigenkapitalrentabilität umso mehr, je kleiner die (dann negative) Differenz von Gesamtkapitalrentabilität und Fremdkapitalzinssatz ausfällt. Demnach kommt im Rahmen der Verschuldungsentscheidung der richtigen Abschätzung der Gesamtkapitalrentabilität und des Fremdkapitalzinssatzes eine entscheidende Bedeutung zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das spezifische Verschuldungsrisiko stets umso größer ist,
- je niedriger die Gesamtkapitalrentabilität im Vergleich zu den durchschnittlichen Fremdkapitalzinssätzen ist,
- je größer die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Fremdkapitalzinssatz dauerhaft die Gesamtkapitalrentabilität übersteigt und
- je stärker die Geschäftszyklizität ist, d.h., je stärker die Gesamtkapitalrentabilität im Zeitablauf um ihren Durchschnittswert streut.
Der letztgenannte Sachverhalt soll zusammenfassend anhand eines Beispiels erläutert werden. Im Rahmen des Beispiels wird unterstellt, dass die Gesamtkapitalrentabilität zwischen 5 % und 15 % schwankt, wobei der Mittelwert bei 10 % liegen soll, der Fremdkapitalzinssatz beträgt 7 %. Werden drei Szenarien betrachtet (Gesamtkapitalrentabilität 5 %, 10 % und 15 %) und für jedes Szenario drei verschiedene Verschuldungsgrade (1, 5, 10) unterstellt, zeigen sich folgende Eigenkapitalrentabilitäten:
|
Szenario 1 |
Szenario 2 |
Szenario 3 |
GKR |
Unteres Extrem 5 % |
Mittelwert 10 % |
Oberes Extrem 15 % |
FKR |
7 % |
7 % |
7 % |
FK/EK |
1 |
5 |
10 |
1 |
5 |
10 |
1 |
5 |
10 |
EKR |
3 % |
-5 % |
-20 % |
13 % |
25 % |
40 % |
23 % |
55 % |
95 % |
Abbildung 2 zeigt die Ergebnisse in grafischer Form. Dazu wird in einem Koordinatensystem die Eigenkapitalrentabilität in Abhängigkeit vom Verschuldungsgrad aufgetragen. Es zeigt sich, dass bei konstanter Gesamtkapitalrentabilität und konstantem Fremdkapitalzinssatz die Eigenkapitalrentabilität linear vom Verschuldungsgrad abhängt, was durch die im Koordinatensystem eingezeichneten Geraden zum Ausdruck kommt. Die Schwankungsbreite der Ergebnisse wird umso größer, je höher der Verschuldungsgrad des Unternehmens ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein hoher Verschuldungsgrad sich sowohl vorteilhaft als auch nachteilig auf die Eigenkapitalrentabilität eines Unternehmens auswirken kann. Bei Entscheidungen über einen angemessenen Verschuldungsgrad sind also immer die Entwicklung der Gesamtkapitalrentabilität und der Fremdkapitalzinsen zu berücksichtigen.
Abb. 2: Entwicklung der Eigenkapitalrentabilität in Abhängigkeit vom Verschuldungsgrad