Prof. Dr. Wanja Wellbrock
Aufbauend auf den grundsätzlichen Anforderungen an die Risikoanalyse laut LkSG wird im Anschluss ein modellhafter Ablauf einer anlassbezogenen Risikoanalyse inklusive verfügbarer Hilfestellungen vorgestellt.
4.1 Grundsätzliche Anforderungen an die Risikoanalyse
Bei der Risikoanalyse gemäß LkSG ist zu berücksichtigen, dass nicht darauf abgezielt wird, wie sich risikobezogene Aspekte der Menschenrechte und Umwelt auf die finanziellen Ergebnisse oder den Ruf eines Unternehmens auswirken. Aus den Risiken resultierende finanzielle Belastungen oder Reputationsschäden liegen nicht im Fokus des Gesetzes. Unternehmen sollen vielmehr eine neue Perspektive einnehmen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Wohlergehen der eigenen Mitarbeiter, der Beschäftigten innerhalb der Lieferkette und aller anderen, die möglicherweise von den wirtschaftlichen Aktivitäten des Unternehmens oder seiner Zulieferer betroffen sind. Es geht darum, festzustellen, ob und in welchem Ausmaß diese Personen oder Gruppen sowie die Umwelt durch die Geschäftstätigkeit des Unternehmens oder die Geschäftsbeziehungen mit Zulieferern Schaden erleiden. Die Risikoanalyse muss diesbezüglich alle in § 2 Abs. 2 und 3 LkSG genannten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken abdecken.
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4.2 Ablauf einer anlassbezogenen Risikoanalyse bei mittelbaren Zulieferern
Der Ablauf einer anlassbezogenen Risikoanalyse bei vorgelagerten mittelbaren Zulieferern umfasst grundsätzlich 2 Schritte, die sukzessive aufeinander aufbauen.
Schritt 1: Abstrakte Betrachtung potenzieller menschenrechtlicher und umweltbezogener Risiken
Der 1. Schritt umfasst die abstrakte Untersuchung von potenziellen Risiken, insb. solchen, die spezifisch für eine Branche oder ein Land sind. Hierdurch findet eine erste Plausibilisierung statt, ob tatsächliche Anhaltspunkte auf Verletzungen von Menschenrechten oder Umweltverpflichtungen in dem untersuchten Bereich vorliegen. Hierzu gehört auch die Ermittlung von Personen, die möglicherweise von diesen Risiken betroffen sind, inklusive der Identifizierung besonders vulnerabler Personengruppen.
Der Schwerpunkt liegt also auf der Frage, welche potenziellen menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken bei einem oder mehreren mittelbaren Zulieferern in einer bestimmten Branche oder einer bestimmten Region auftreten. Ein Abgleich von abstrakten Informationen und Quellen über grundsätzlicher Menschenrechts- und Umweltrisiken führt hier zu ersten Erkenntnissen.
Im Folgenden sind relevante Informationen über Quellen aufgelistet, die als Ausgangspunkt dienen können, um potenzielle, zunächst abstrakte, Risiken im Bereich der Menschenrechte und Umwelt, gegliedert nach Ländern und Regionen, zu identifizieren.
Es gibt eine Vielzahl von Quellen, um abstrakte Risiken zu identifizieren.
Verfügbare Ressourcen und Instrumente zur Identifizierung von Risiken im Bereich Menschenrechte und Umwelt:
- CSR-Risiko-Check der Agentur für Wirtschaft und Entwicklung: Analyse branchen-, produkt- und länderspezifischer Risiken.
- Business and Human Rights Resource Centre: Filtermöglichkeit von Berichten nach Ländern, Sektoren und Themen.
- Human Rights and Business Country Guide: Analyse länderspezifischer Risiken.
- Allgemein verfügbare Indizes und Rankings: Human Development Index, Global Rights Index, ILAB Kinder- und Zwangsarbeit, Modern Slavery Index etc.
- Websites und Berichte zivilgesellschaftlicher oder Regierungsorganisationen: ILO Helpdesk for Business, WHO, UNICEF, Amnesty International, Human Rights Watch, IndustriAll, lokale Gewerkschaften etc.
- Praxislotse Wirtschaft und Menschenrechte des UN Global Compact Netzwerkes Deutschland: Ausführliche Hintergrundinfos zu verschiedenen Menschenrechtsrisiken.
- WWF Water Risk Filter des World Wide Fund for Nature: Analyse von Wasserknappheitsrisiken.
- Global Atlas for Environmental Justice: Analyse von Umweltverschmutzungen sowie Verletzungen von Umweltrechten.
- Umweltatlas Lieferketten von Adelphi Consult: Analyse von Umweltrisiken.
- Raw Material Outlook von Drive Sustainability: Analyse rohstoffspezifischer Risiken.
Von der OECD entwickelte entsprechende Branchenleitfaden:
- Due Diligence for Responsible Corporate Lending and Securities Underwriting aus dem Jahr 2019
- OECD Due Diligence Guidance for Responsible Business Conduct aus dem Jahr 2018
- OECD Due Diligence Guidance for Responsible Supply Chains in the Garment and Footwear Sector aus dem Jahr 2018
- Responsible Business Conduct for Institutional Investors. Key Considerations for Due Diligence aus dem Jahr 2018
- OECD Due Diligence Guidance for Meaningful Stakeholder Engagement in the Extractive Sector aus dem Jahr 2017
- OECD FAO Guidance for Responsible Agricultural Supply Chains aus dem Jahr 2016
- OECD Guidance for Responsible Supply Chains of Minerals from Conflict-Affected and High-Risk Areas aus dem Jahr 2012
Nach Abschluss des 1. Schrittes erlangt das Unternehmen Kenntnis darüber, welche Menschenrechts- und Umweltrisiken üblicherweise bei einem oder mehreren mittelbaren Zulieferern je nach Branchen- und Länderzugehörigkeit auftreten. Die Identifizi...