Sarah Müller, Prof. Dr. Stefan Müller
Mit dem LkSG macht der Gesetzgeber Unternehmen konkrete Vorgaben wie sie ihrer Verantwortung in der Lieferkette in Bezug auf die Achtung international anerkannter Menschenrechte nachkommen sollen. Dabei erfolgt nach § 2 LkSG sowie in Anlage 2 eine abschließende Aufzählung der zu beachtenden internationalen Vereinbarungen. Bei den aufgeführten Vereinbarungen kommt es nicht darauf an, ob die jeweiligen Abkommen in dem Sitzland des Geschäftspartners ratifiziert wurden (§ 7 Abs. 3 Satz 2 LkSG). Inhaltlich handelt es sich um die geschützten Menschenrechte der International Labour Organisation (ILO) Kernarbeitsnormen, die vor allem dem Schutz vor Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung sowie Sklaverei und der Achtung von Arbeitsschutzpflichten, der Koalitionsfreiheit sowie des Mindestlohns fordern. Daneben zielt das LkSG auf den Schutz vor bestimmten umweltbezogenen Risiken aus dem Umgang mit Quecksilber, Chemikalien und der Ein- und Ausfuhr von Abfällen ab.
Die europäischen Regulierungen sind hier deutlich weniger bestimmt. Es wird etwa in Art. 18 der Taxonomie-VO (2020/852/EU) sowie in der Richtlinie (EU) 2022/2464 (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) und dem als Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772 der Kommission ergänzten ersten Set von 12 European Sustainable Reporting Standards (ESRS) zwar auch auf die zentralen Übereinkommen der ILO abgestellt, ansonsten aber auf die bislang eher freiwilligen Empfehlungen für multinationale Unternehmen verwiesen. Diese sind allgemein die Internationale Charta der Menschenrechte sowie auf die Unternehmen heruntergebrochen etwa in den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, den Leitprinzipien der UN für Wirtschaft und Menschenrechte konkretisiert. Diese Leitlinien werden mit den Regulierungen nun für die Unternehmen quasi zur Pflicht, wobei die Regulierungsgeber bereits viele der Aspekte in bestehende Gesetze umgesetzt haben. Auch gibt es bereits ein wenig beachtetes Recht auf ein Schlichtungsverfahren von (indirekt) betroffenen Personen und Organisationen bei (vermuteten) Verstößen gegen die OECD-Leitsätze. Die Beschwerde- und Schlichtungsstelle der nationalen Kontaktstelle ist am Bundesministerium für Wirtschaft und Umweltschutz angesiedelt und kann zwar keine Strafen verhängen, doch wird der Schlichterspruch veröffentlicht. Dabei sind die Vorgaben in den viele Seiten starken Dokumenten oft sehr schwammig formuliert und wenig greifbar. Eher juristisches Problem in diesem Zusammenhang ist, dass sowohl der europäische Verordnungs- und Richtliniengeber als auch der deutsche Gesetzgeber dies als statische Verweise ausgeführt haben bzw. ausweisen mussten – ein dynamischer Verweis auf Normen außerhalb des eigenen Regelungsbereichs würde die eigene Regulierungskompetenz beschneiden. Daher ist aktuell etwa fraglich, ob die Überarbeitung der ILO-Normen insb. zum Gesundheits- und Arbeitsschutz aus dem Jahr 2022 zu beachten sind, da diese nicht konkret aufgeführt wurden in den Regulierungen und zum Zeitpunkt des Regulierungsverfahrens nicht in den verwiesenen Normen enthalten war.