Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Bei der Überlassung eines Firmenfahrzeugs an den Gesellschafter-Geschäftsführer kann die Vermutung der privaten Fahrzeugnutzung nur widerlegt werden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch mit vollständigen und richtigen Aufzeichnungen vorliegt, die mit vertretbarem Aufwand überprüft werden können. Die Frage, ob der Geschäftsführer selbstständig oder nichtselbstständig tätig ist, entscheidet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und den vertraglichen Vereinbarungen.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die Computeranlagen herstellt und vertreibt und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten ausübt. Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde insbesondere die Privatnutzung von Firmenfahrzeugen überprüft. Die vorgelegten Fahrtenbücher zum Nachweis einer rein betrieblichen Nutzung waren nach Auffassung des Finanzamts nicht ordnungsgemäß, weil Angaben zum Tag, zum Start- und Zielort und zum Zweck der Reise fehlten. Nach Auffassung der Klägerin können die Fahrtenbücher zumindest als Schätzungsgrundlage zur Ermittlung des tatsächlichen privaten Nutzungsanteils herangezogen werden. Im Klageverfahren gegen den Lohnsteuerhaftungsbescheid trug die Klägerin ferner vor, dass der Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer bei der GmbH beschäftigt, sondern selbstständig war und daher die private Nutzung des Firmenfahrzeugs gar nicht zu versteuern hätte. Als Begründung wurden u.a. die fehlende Überstundenregelung, die fehlende Verpflichtung der Urlaubsabstimmung und die Lohnfortzahlung für 6 Monate anstatt für 6 Wochen angeführt.
Entscheidung
Das FG wies die Klage als unbegründet zurück. Der Geschäftsführer sei nichtselbstständig für die GmbH tätig gewesen und die private Nutzung des Firmenfahrzeugs stelle lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Entscheidend für die Beurteilung seien die vertraglichen Vereinbarungen im Anstellungsvertrag. Daraus ergäbe sich im Streitfall, dass der Geschäftsführer ein Arbeitnehmer und damit nichtselbstständig war, denn er hatte wesentliche Arbeitnehmerrechte und trug kein Unternehmerrisiko. Die Überlassung des Firmenfahrzeugs für private Zwecke sei deshalb lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn.
Die zum Nachweis für den privaten Nutzungsanteil vorgelegten Fahrtenbücher seien nicht ordnungsgemäß, weil sie weder Angaben zum Zweck der einzelnen Reise noch die Namen der Geschäftspartner enthielten. Ferner seien Privatfahrten als Dienstfahrten ausgewiesen worden. Festgestellte Entfernungsdifferenzen seien nicht erklärt worden. Mangels getrennter Konten für die Fahrzeugkosten der verschiedenen Pkw seien die Gesamtkosten des einzelnen Fahrzeugs nicht ermittelbar, so dass die Fahrtenbücher auch nicht als Schätzungsgrundlage geeignet seien.
Hinweis
Gegen die Entscheidung des FG wurde Revision eingelegt (Az. des BFH: VI R 81/06). Im Revisionsverfahren geht es vor allem um die Frage der steuerrechtlichen Beurteilung des Geschäftsführers. Der BFH muss klären, unter welchen Voraussetzungen ein Gesellschafter-Geschäftsführer selbstständig oder nichtselbstständig ist. Die Entscheidung des BFH ist von großer Bedeutung für die steuerrechtliche Beziehung zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer und seiner Gesellschaft und muss im Rahmen der Steuergestaltung und Steuerplanung berücksichtigt werden.
Link zur Entscheidung
FG Hamburg, Urteil vom 10.11.2006, 1 K 15/06