LfSt Bayern v. 7.12.2007, S 7221 - 5 St 34 M

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Lohnverarbeitung von Getreide war bisher durch das BMF-Schreiben vom 23.12.1988 (IV A 2 – S 7221 – 30/88; UR 1989 S. 102) geregelt. Diese Verwaltungsanweisung wurde jedoch durch das BMF-Schreiben zur Eindämmung der Normenflut vom 29.3.2007 (IV C 6 – O 1000/07/0018; BStBl 2007 I S. 369) aufgehoben.

Aus gegebenem Anlass werden die Grundsätze der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung solcher Sachverhalte nochmals dargestellt:

In der Regel übergibt der Landwirt dem Unternehmer Getreide, das dieser dann mahlt und aus dem er dann – ggf. unter Beifügung von selbst beschafften Stoffen (z.B. Ergänzungsfuttermittel, Soja- oder Rapsöl) – ein Mischfuttermittel für den Landwirt herstellt.

Es ist zunächst zu klären, ob es sich bei der Leistung des Unternehmers um eine einheitliche Leistung handelt, die ggf. aus Liefer- und Dienstleistungselementen besteht, oder ob mehrere getrennt zu beurteilende Einzelleistungen erbracht werden. Hierbei ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu verfahren (vgl. Abschn. 29 UStR und BFH-Urteil vom 9.10.2002, V R 5/02, BStBl 2004 II S. 470).

Liegt eine einheitliche Leistung vor und besteht diese sowohl aus Liefer- als auch aus Dienstleistungselementen, ist zu klären, ob es sich um eine Werklieferung oder eine Werkleistung handelt.

Für die Herstellung von Futtermitteln kommt grundsätzlich die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. der Anlage 2 des UStG in Betracht. Sonstige Leistungen einschließlich Werkleistungen sind nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht begünstigt (vgl. Rz. 2 des BMF-Schreibens vom 5.8.2004, BStBl 2004 I S. 638). Hingegen kann der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Anlage 2 lfd. Nr. 37 des UStG zur Anwendung kommen, wenn die Leistung des Unternehmers in einer Lieferung oder Werklieferung besteht.

Eine nicht begünstigte Werkleistung liegt vor, wenn der Unternehmer für das Werk keinerlei selbst beschaffte Stoffe oder nur Stoffe, die als Zutaten oder sonstige Nebensachen anzusehen sind, verwendet (Abschn. 27 Abs. 1 Satz 3 UStR). Wie der BFH den Begriff der „Zutaten und sonstigen Nebenstoffe” definiert, führt er in seinem Urteil vom 9.6.2005, V R 50/02 (BStBl 2006 II S. 98) zur orthopädischen Zurichtung von Konfektionsschuhen näher aus. Unter Zutaten und sonstigen Nebenstoffen im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 UStG sind demnach Lieferungen zu verstehen, die bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers nicht das Wesen des Umsatzes bestimmen (vgl. auch Abschn. 27 Abs. 1 Satz 4 UStR 2008). Es ist also im Einzelfall zu betrachten, ob die Lieferelemente (z.B. Beigabe von Öl oder sonstigen Ergänzungsfuttermitteln) oder die Dienstleistungselemente (Mahlen bzw. Mischen) das Wesen der Leistung bestimmen (zur Abgrenzung vgl. auch BFH-Urteil vom 30.9.1999, V R 77/98, BStBl 2000 II S. 231 = 00 01 58 und BFH-Urteil vom 21.6.2001, V R 80/99, BStBl 2003 II S. 810).

Nur wenn nach diesen Grundsätzen bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers die Leistung des Mahl- und Mischdienstes als Lieferung zu qualifizieren ist, kann eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 37 der Anlage 2 des UStG in Betracht kommen. Dies gilt, wenn das fertige Werk – ohne das vom Auftraggeber bereitgestellte Material – ein Gegenstand der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG ist. Bei Werklieferungen von Futtermitteln kommt der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 37 der Anlage 2 des UStG insbesondere dann zur Anwendung, wenn es sich bei dem Mischfutter, dem beigestelltes Getreide beigemischt wird, schon vor dieser Beimischung um eine „Zubereitung von der zur Fütterung verwendeten Art” (Pos. 2309 des Zolltarifs) handelt. Voraussetzung ist aber, dass es sich nach den oben genannten Grundsätzen tatsächlich um eine Werklieferung handelt.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 1

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