Leitsatz
Bei der Ermittlung der Haftungsquote für die USt sind die im Haftungszeitraum getilgten LSt weder bei den Gesamtverbindlichkeiten noch bei den geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen.
Normenkette
§ 34, § 35, § 69, § 90, § 162 AO, § 118 Abs. 2 FGO
Sachverhalt
Der Geschäftsführer einer GmbH wird auf Haftung für die gegen diese festgesetzte USt in Anspruch genommen. Die GmbH hatte die USt nicht gezahlt, aber 70.000 DM auf rückständige LSt entrichtet. Diese Zahlungen möchte der Geschäftsführer bei der Ermittlung der USt-Haftungsquote berücksichtigt wissen. Die Berücksichtigungsfähigkeit der gezahlten LSt sei nach der Entscheidung des BGH in BGHZ 157, 350 geboten; danach sei der Sonderstellung der LSt im Haftungsrecht grundsätzlich der Boden entzogen.
Entscheidung
Die LSt-Zahlungen und -Verbindlichkeiten sind vom FA zu Recht nicht bei der Bestimmung des Haftungsumfangs aufgrund der Tilgungsquote berücksichtigt worden. Die Revision gegen das Klage abweisende Urteil des FG (EFG 2006, 241) blieb demgemäß ohne Erfolg.
Hinweis
Der Grundsatz der anteiligen Tilgung, d.h. der Gleichbehandlung des FA gegenüber den anderen Gläubigern, verlangt die Berechnung einer Tilgungsquote, d.h. des Prozentsatzes, zu dem der spätere Insolvenzschuldner in der Krisenzeit seine Gläubiger befriedigt hat. Dies geschieht gleichsam überschlägig durch Gegenüberstellung der Gesamtverbindlichkeiten und der Summe der geleisteten Zahlungen. Grundsätzlich sind alle Verbindlichkeiten (und Zahlungen) in die Berechnung der Tilgungsquote einzubeziehen, ungeachtet ihres Rechtsgrunds und ihrer Bedeutung für die Fortführung des Unternehmens. Eine Tilgungsvordringlichkeit anerkennt der BFH nicht! Auch nicht gem. den insolvenzrechtlichen Grundsätzen.
Für die LSt-Entrichtung gilt der Grundsatz der anteiligen Tilgung aber bekanntlich nicht. Zahlungen auf die LSt-Entrichtungsschuld des Arbeitgebers sind stets in voller Höhe, vorrangig vor allen sonstigen Verbindlichkeiten, zu leisten. Die einbehaltene LSt ist gleichsam nur ein durchlaufender Posten. Nach den Gesetzen der Logik folgt daraus ohne Weiteres, dass die LSt-Verbindlichkeiten nicht in den Gesamtverbindlichkeiten enthalten sein dürfen, ebenso wenig die LSt-Zahlungen.
Ob der vom BFH behauptete Tilgungsvorrang der LSt besteht, ist dafür ohne Bedeutung, folglich auch die abweichende Auffassung des BGH, Urteil vom 22.1.2004, IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.2.2007, VII R 60/05