An diesem Punkt des Visualisierungsprozesses ist klar, welche Inhalte in Form von Diagrammen erscheinen sollen. Für diese Informationen gilt es nun geeignete Grafikformen zu finden. Dies geschieht in einem typischen, wiederkehrenden Denkprozess, der schematisch in den folgenden Abbildungen festgehalten ist.
Die Symbolbilder in den Abbildungen zeigen keinen vollständigen Katalog aller Diagrammvarianten. Aus den beschriebenen Entscheidungskriterien ergeben sich zahlreiche mögliche Kombinationen und Untervarianten. Das gilt sowohl für die gezeigten Grundtypen als auch für die später hinzukommenden Abweichungsgrafiken.
Abb. 3: Auswahl der Grundform von Diagrammen
Der erste Schritt ist die Auswahl einer Diagramm-Grundform (s. Abb. 3). 3 Hauptkriterien sind wichtig: Datenkategorie, Werteinheit und Anzahl der Datenreihen. Diese Kriterien sind voneinander unabhängig zu beurteilen. Daher gibt es keine bestimmte Reihenfolge bei der Entscheidungsfindung.
2.2.1 Praktische Vorteile von Diagrammtypen ausnutzen
Den Empfehlungen der IBCS folgend lassen sich 2 Arten von Datenkategorien unterscheiden: Zeitperioden und andere Dimensionen. Zeitreihen werden grundsätzlich in Säulendiagrammen mit horizontaler Achse gezeigt. Alle anderen Kategorien (Strukturaufrisse) werden als Balkendiagramme mit vertikaler Achse gezeigt. Dies können z. B. Produkte, Länder oder Kostenarten sein. Außerdem gibt es Portfoliodiagramme, welche 2 Wertgrößen aufreißen (s. Abb. 3, erste Reihe).
In der Praxis sind teilweise Liniendiagramme ("Fieberkurven") anzutreffen. Diese sind jedoch keine empfehlenswerte Standardlösung, weil sie sich nicht für die später hinzukommenden Abweichungsanzeigen eignen. Daher gehören Liniendiagramme zu den Sonderformen, die für Spezialfälle eingesetzt werden, z. B. reine Trendaussagen, ohne Abweichungsanzeige.
Unterschiedliche Diagrammtypen für Zeitreihen und Strukturaufrisse zu verwenden hat 2 praktische Vorteile. Zeitreihenanalysen werden intuitiv richtig von links nach rechts gelesen. Die Beschriftung der Kategorien ist unproblematisch, weil sich Periodenbezeichnungen mit wenigen Zeichen abkürzen lassen. Strukturaufrisse werden wie Listen intuitiv von oben nach unten abgelesen. Die Achsenbeschriftungen bestehen oft aus längeren Wörtern. Die vertikale Achse erlaubt es, Bezeichnungen ohne Zeilenumbrüche neben den Balken zu platzieren.
Diagramme zeigen oft unterschiedliche Arten von Werteinheiten. Eine zweckmäßige Einteilung hierfür sind Wertgrößen (Währungseinheiten), Mengengrößen und Prozente. Um dies visuell zu verdeutlichen wird nicht der Grundtyp des Diagramms verändert, sondern in der Ausführung variiert. Die einfachste Möglichkeit sind unterschiedliche Säulen- bzw. Balkenbreiten für unterschiedliche Wertarten (s. Abb. 3, zweite Reihe). Für Prozente bietet sich zusätzlich das Nadeldiagramm an. Aber auch sehr schmale Säulen erfüllen diesen Zweck.
Soll ein Diagramm nur eine einzelne Datenreihe darstellen, steht der Grundtyp jetzt bereits fest. Sollen jedoch mehrere Datenreihen gezeigt werden, dann ist eine weitere Entscheidung zu treffen. Wenn für die Aussagekraft des Diagramms die Summenwerte wichtiger sind als die Einzelwerte, dann ist ein gestapeltes Diagramm der richtige Typ. Sollen hingegen primär Aussagen zu einzelnen Datenreihen vermittelt werden, dann ist ein Mehrfachdiagramm (Small Multiple) die richtige Wahl (s. Abb. 3, dritte Reihe). Gruppierte Säulendiagramme, die mehrere Gruppen von Säulen in einem einzigen Diagramm zeigen, sind für den Betrachter schwerer verständlich und daher nicht empfehlenswert. Einfache sowie gestapelte Säulen- und Balkendiagramme sind vorteilhafter.
2.2.2 Besser 2 einfache Grafiken als eine zu komplexe
Manchmal kann eine Entscheidungsfrage hinsichtlich der Diagrammtypen nicht eindeutig beantwortet werden, weil mehrere Sichtweisen wichtig sind (z. B. Struktur und Zeitreihe). In solchen Fällen ist konsequentes Denken wichtig. Entweder eine der Varianten erhält bei nochmaliger kritischer Betrachtung Priorität (z. B. Zeitreihe). Dann kann die andere Variante bei Bedarf als ergänzende Tabelle in den Bericht einfließen. Müssen jedoch beide Sichtweisen visualisiert werden, sind beide Grafiken separat zu erstellen, jede klar strukturiert und leicht verständlich. Kreative, hoch anspruchsvolle Diagrammkonstruktionen sind dagegen keine gute Lösung. Das Motto lautet: "Besser 2 einfache Grafiken schnell verstehen als eine überkomplexe Grafik lange studieren".
Abb. 4: Ergänzende Visualisierung von Abweichungen
2.2.3 Abweichungen möglichst immer grafisch darstellen
Im nächsten Schritt wird entschieden, welche Abweichungen in welcher Form visualisiert werden sollen. Abweichungen sind der Hauptgegenstand von Analysen, Kommentaren und Begründungen. Die Basiswerte sagen oft wenig aus, z. B. ein Umsatz von 10 Mio. EUR. Erst die Abweichung von einem Vergleichswert ermöglicht eine entscheidungsorientierte Bewertung der gezeigten Daten. Die wichtigsten Abweichungen sollten daher unbedingt visualisiert werden.
Grundsätzlich stehen 2 Darstellungsmöglichkeiten zur Verfügung:
- Die separate Anzeige neben der Basisgrafik oder
- die integrierte Darstellung direkt an den Basissäulen oder -b...