Prof. Dr. Gerd Waschbusch
Rz. 37
Die Nachhaltigkeit (Längerfristigkeit) der Kapitalüberlassung stellt das problematischste Kriterium für die Qualifizierung mezzaniner Finanzinstrumente als bilanzielles Eigenkapital dar und ist daher im Schrifttum auch äußerst umstritten. Teilweise wird die Anwendung dieses Kriteriums in der Literatur sogar abgelehnt. Auch lässt sich die Ansicht finden, dass dieses Kriterium aufgrund mangelnder exakter Interpretationsmöglichkeiten nur individuell im jeweiligen Einzelfall beurteilt werden könne. Der HFA des IDW fordert in seiner Stellungnahme 1/1994 eine nicht näher konkretisierte "Längerfristigkeit" der Kapitalüberlassung. Danach ist für diesen Zeitraum die Rückzahlung sowohl für den Inhaber als auch für den Emittenten des mezzaninen Finanzinstruments ausgeschlossen.
Rz. 38
Die Meinungen im Schrifttum hinsichtlich der Interpretation der "Längerfristigkeit" der Kapitalüberlassung beziehen sich auf unterschiedliche Mindestlaufzeiten, die wiederum teilweise mit unterschiedlichen Mindestkündigungsfristen verknüpft sind. Danach liegt eine Längerfristigkeit der Kapitalüberlassung vor, wenn eine bestimmte Mindestlaufzeit (Ursprungslaufzeit) und Restlaufzeit des mezzaninen Kapitals gegeben ist. So werden von den Kreditinstituten im Rahmen ihrer internen Ratingverfahren i. d. R. Mindestlaufzeiten (Ursprungslaufzeiten) von 5 bis 7 Jahren verlangt. Diese Festlegung orientiert sich an banken- bzw. versicherungsaufsichtsrechtlichen Vorschriften, denen zufolge eine mindestens 5-jährige Ursprungslaufzeit der Kapitalüberlassung eine der Voraussetzungen dafür ist, dass Finanzinstrumente Bestandteile des Ergänzungskapitals eines Kreditinstituts bzw. der Eigenmittel eines Versicherungsunternehmens sein können. Daneben reichen die Auffassungen hinsichtlich einer geforderten Mindestlaufzeit der Kapitalüberlassung von über 5 bis 25 Jahre, von über 7 bis 8 Jahre unter Berücksichtigung einer 1-jährigen Kündigungsfrist, von über 15 Jahre, von über 15 bis 20 Jahre, von über 15 bis 25 Jahre bis hin zu einer Mindestlaufzeit von rund 20 Jahren. Hinsichtlich der geforderten Restlaufzeit liegen die Vorstellungen der meisten Kreditinstitute zwischen 1 bis 2 Jahren, wobei einige Kreditinstitute zusätzlich die Bedingung stellen, dass die Restlaufzeit des mezzaninen Kapitals die der eigenen Kredite an das Unternehmen wesentlich übersteigen muss. Bei Personenhandelsgesellschaften ist der HFA des IDW indessen der Auffassung, dass die Dauerhaftigkeit der Mittelüberlassung bei derartigen Rechtsformen kein notwendiges Kriterium für die Qualifizierung mezzaniner Finanzinstrumente als bilanzielles Eigenkapital darstellt.
Rz. 39
Nach der hier vertretenen Auffassung liegt eine "Längerfristigkeit" der Kapitalüberlassung und damit eine Zuordnung des mezzaninen Finanzinstruments zum bilanziellen Eigenkapital vor, wenn die Mindestlaufzeit (Ursprungslaufzeit) des mezzaninen Finanzinstruments 5 Jahre nicht unterschreitet. Gleichzeitig sollte die Restlaufzeit des mezzaninen Finanzinstruments mindestens noch 2 Jahre betragen. Ergänzend dazu dürfen grundsätzlich keine ordentlichen Kündigungsrechte seitens der Kapitalgeber vereinbart sein; ansonsten wird das mezzanine Finanzinstrument bilanziell als Fremdkapital eingestuft. Insbesondere darf eine ordentliche Kündigung als Folge der Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder eines Zahlungsverzugs des kapitalaufnehmenden Unternehmens nicht ohne Weiteres möglich sein. Darüber hinaus dürfen keine sog. "financial covenants", die z. B. die Kündigung der Kapitalhingabe bei einer Nichteinhaltung bestimmter Unternehmenskennzahlen ermöglichen, vereinbart werden. Kündigungsrechte der Kapitalgeber bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des kapitalaufnehmenden Unternehmens können aber unschädlich sein, wenn die Situation des Unternehmens in einer bestehenden Krise dadurch nicht verschärft wird (z. B. durch die Vereinbarung ausreichend langer Stundungsfristen). Eine außerordentliche Kündigung des mezzaninen Finanzinstruments sollte für die Kapitalgeber zudem nur aus Gründen möglich sein, die das Unternehmen unmittelbar selbst steuern kann. Insofern ist das Bestehen außerordentlicher Kündigungsrechte auf Seiten der Kapitalgeber (z. B. wegen der Verletzung von Informationspflichten oder eines Wechsels im Gesellschafterkreis) als unschädlich anzusehen.
Rz. 40
Abweichend hiervon findet sich auch die Forderung nach einer unbefristeten Kapitalüberlassung bei gleichzeitiger kapitalgeberseitiger Unkündbarkeit. In diesem Zusammenhang wird jedoch auch die Position vertreten, dass die Kapitalüberlassung zwar unbefristet zu erfolgen hat, der Kapitalgeber aber ein Kündigungsrecht besitzen kann. Das Kündigungsrecht wird allerdings dann durch die Forderung nach einer mindestens 5-jährigen Kündigungsfrist bzw. Nachhaftungsdauer mit Ausnahme einer Kündigung aus wichtigem Grund deutlich eingeschränkt. Schließlich darf sich in einem solchen Fall der A...