Leitsatz
Vermietet der Steuerpflichtige sein Haus zu fremdüblichen Bedingungen an seine Eltern, kann er die Werbungskostenüberschüsse bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch dann abziehen, wenn er selbst ein Haus seiner Eltern unentgeltlich zu Wohnzwecken nutzt; ein Missbrauch steuerrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten i.S.d. § 42 AO liegt insoweit nicht vor.
Normenkette
§ 9 EStG , § 21 EStG , § 42 AO
Sachverhalt
Die Eltern des Klägers sind Eigentümer eines Wohngrundstücks, das sie bis 1994 selbst nutzten. Zum 1. Juli 1994 erwarb der Kläger das benachbarte Wohngrundstück und vermietete es zu fremdüblichen Bedingungen an die Eltern, deren Haus er seitdem unentgeltlich bewohnt. Im Streitjahr 1994 erzielte er aus der Vermietung seines Hauses an die Eltern einen Werbungskostenüberschuss, den das FA mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht anerkannte.
Seine Klage wies das FG mit der Begründung ab, das streitige Mietverhältnis beruhe auf einem Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 Abs. 1 AO).
Entscheidung
Der BFH hat einen Gestaltungsmissbrauch im Streitfall verneint. In der Person des Klägers habe es keine andere steuerlich angemessenere Form der Nutzungsüberlassung seines Hauses gegen Entgelt als die durch Mietvertrag gegeben. Denn er sei nicht verpflichtet gewesen, seinen – ersichtlich nicht unterhaltsbedürftigen – Eltern das Haus unentgeltlich zu überlassen.
Die Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen "Überkreuzvermietung" lägen schon deshalb nicht vor, weil für das vom Kläger tatsächlich zu eigenen Wohnzwecken genutzte Haus der Eltern keine Werbungskosten geltend gemacht würden und das von den Eltern genutzte Haus des Klägers tatsächlich – dem typischen Bild eines Mietverhältnisses entsprechend gegen Entgelt – fremd genutzt werde.
Dass die Eltern dem Kläger ihr eigenes Haus unentgeltlich zur Nutzung überlassen hätten, könne im Übrigen weder für sich noch entgegen der Auffassung des FG im Zusammenhang mit dem Mietvertrag über das Haus des Klägers als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Eltern stehe es nämlich frei, ihren Kindern Vermögensgegenstände unentgeltlich zur Nutzung zu überlassen, zumal selbst eine weiter gehende unentgeltliche Übertragung mit anschließender Anmietung durch den Übertragenden nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht rechtsmissbräuchlich sei (BFH-Urteil in BStBl II 1996, 158). Umso mehr müsse dann die Tatsache der Übertragung oder – wie im Streitfall – die Tatsache der Nutzungsüberlassung bei der Anerkennung eines Mietverhältnisses zwischen dem Übertragenden/Überlassenden und dem Erwerber oder Nutzer unberücksichtigt bleiben, wenn sich das Mietverhältnis – wie hier – auf ein von Fremden erworbenes Mietobjekt beziehe
Hinweis
Sind – wie im Streitfall nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG – die Voraussetzungen für die Annahme eines Mietverhältnisses i.S.d. § 535 BGB gegeben und Anhaltspunkte für fremdunübliche Vereinbarungen nicht ersichtlich, kann sich dessen Unwirksamkeit nur bei Rechtsmissbräuchlichkeit des Mietvertrags ergeben. Die dafür erforderliche Unangemessenheit der Rechtsgestaltung muss sich aus dem konkreten Steuerschuldverhältnis des einzelnen Steuerpflichtigen – hier also des vermietenden Klägers – ergeben.
Sie ist z.B. bei wechselseitigen Vermietungen zu bejahen, wenn sie allenfalls geringfügig unterschiedliche Wohnungen betreffen, die von zwei Personen angeschafft oder hergestellt werden, um sie sogleich wieder ("über Kreuz") dem jeweils anderen in der Weise zu vermieten, dass sich die Vorgänge wirtschaftlich neutralisieren und zugleich wechselseitig die andernfalls nicht gegebene Abziehbarkeit von Werbungskosten verschafft wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 14.1.2003, IX R 5/00