AT 4.4.1 Risikocontrolling-Funktion

 

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Jedes Institut muss über eine unabhängige Risikocontrolling-Funktion verfügen, die für die angemessene Überwachung und Kommunikation der wesentlichen Risiken unter Berücksichtigung der Auswirkungen von ESG-Risiken zuständig ist. Die Risikocontrolling-Funktion ist aufbauorganisatorisch bis einschließlich der Ebene der Geschäftsleitung von den Bereichen zu trennen, die für die Initiierung bzw. den Abschluss von Geschäften zuständig sind.

Erläuterung: Funktionstrennung

Die speziellen Funktionstrennungsanforderungen des BTO bleiben unberührt.

Erläuterung: Initiierung und Abschluss von Geschäften

Zu den Bereichen, die Geschäfte initiieren bzw. abschließen, zählen der Bereich Markt, der Bereich Handel sowie andere Bereiche, die über Positionsverantwortung verfügen (z. B. Treasury). Grundsätzlich gehören dazu auch solche Bereiche, die sog. "nicht-risikorelevantes Kreditgeschäft" initiieren und abschließen. Bei Instituten mit maximal drei Geschäftsleitern ist eine aufbauorganisatorische Trennung des Bereiches Markt für "nicht-risikorelevantes" Kreditgeschäft von der Risikocontrolling-Funktion bis unmittelbar unterhalb der Geschäftsleiterebene in der Regel ausreichend, sofern keine Interessenkonflikte erkennbar sind und keine Konzentration von Verantwortlichkeiten beim betroffenen Geschäftsleiter vorliegt.

 

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Die Risikocontrolling-Funktion hat insbesondere die folgenden Aufgaben:

  • Unterstützung der Geschäftsleitung in allen risikopolitischen Fragen, insbesondere bei der Entwicklung und Umsetzung der Risikostrategie sowie bei der Ausgestaltung eines Systems zur Begrenzung der Risiken;
  • Durchführung der Risikoinventur und Erstellung des Gesamtrisikoprofils;
  • Unterstützung der Geschäftsleitung bei der Einrichtung und Weiterentwicklung der Risikosteuerungs- und –controllingprozesse;
  • Einrichtung und Weiterentwicklung eines Systems von Risikokennzahlen und eines Risikofrüherkennungsverfahrens;
  • Laufende Überwachung der Risikosituation des Instituts und der Risikotragfähigkeit sowie der Einhaltung der eingerichteten Risikolimite;
  • Regelmäßige Erstellung der Risikoberichte für die Geschäftsleitung;
  • Verantwortung für die Prozesse zur unverzüglichen Weitergabe von unter Risikogesichtspunkten wesentlichen Informationen an die Geschäftsleitung, die jeweiligen Verantwortlichen und ggf. die Interne Revision.

Erläuterung: NPE-bezogene Anforderungen an die Risikocontrolling-Funktion

In Instituten mit hohem NPL-Bestand überwacht und bemisst die Risikocontrolling- Funktion die NPE-bezogenen Risiken und den Fortschritt zur Erreichung der NPEZielwerte auf granularer und aggregierter Basis anhand NPE-bezogener Leistungsindikatoren (Key Performance Indicators - KPI). Diese KPI sollten mindestens

 

a)

NPE-Messgrößen,

 

b)

Interaktionen mit den Kreditnehmern und Zahlungseingänge,

 

c)

Forbearance-Maßnahmen,

 

d)

Abwicklungsmaßnahmen sowie

 

e)

Sonstiges (z. B. NPE-bezogene Posten der Gewinn- und Verlustrechnung, Rettungserwerbe oder Auslagerungsaktivitäten)

umfassen. Dabei müssen auch die Auswirkungen auf die internen sowie regulatorischen Eigenkapitalanforderungen betrachtet werden.

 

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Den Mitarbeitern der Risikocontrolling-Funktion sind alle notwendigen Befugnisse und ein uneingeschränkter Zugang zu allen Informationen einzuräumen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Hierzu gehört insbesondere auch ein uneingeschränkter und jederzeitiger Zugang zu den Risikodaten des Instituts.

 

4

Die Leitung der Risikocontrolling-Funktion ist bei wichtigen risikopolitischen Entscheidungen der Geschäftsleitung zu beteiligen. Diese Aufgabe ist einer Person auf einer ausreichend hohen Führungsebene zu übertragen. Sie hat ihre Aufgaben in Abhängigkeit von der Größe des Instituts sowie Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäftsaktivitäten grundsätzlich in exklusiver Weise auszufüllen.

Erläuterung: Exklusive Wahrnehmung der Leitung der Risikocontrolling-Funktion

Die exklusive Wahrnehmung der Leitung der Risikocontrolling-Funktion bedeutet die ausschließliche Wahrnehmung von Risikocontrolling-Aufgaben in der Regel unmittelbar unterhalb der Geschäftsleiterebene (2. Ebene). Dies umfasst auch eine klare aufbauorganisatorische Trennung von Risikocontrolling-Funktion und Marktfolge bis unmittelbar unterhalb der Geschäftsleiterebene. Bei Instituten mit maximal drei Geschäftsleitern können Risikocontrolling-Funktion und Marktfolge auch unter einheitlicher Leitung der 2. Ebene stehen und dieser Leitung auch Votierungs- und Genehmigungskompetenzen eingeräumt werden, sofern daraus keine wesentlichen Interessenkonflikte erkennbar sind und diese Leitung weder Geschäfte initiiert noch in die Kundenbetreuung eingebunden ist. Ferner kann bei solchen Instituten die Leitung der Risikocontrolling-Funktion auch auf der 3. Ebene angesiedelt sein, sofern eine direkte Berichtslinie zur Geschäftsleiterebene besteht. Hinsichtlich der Trennung der Risikocontrolling- Funktion bei rechtlich unselbständigen Auslandszweigstellen gilt BTO Tz. 3, Erläuterung 1 entsprechend.

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