Nicht nur die Kenntnis der voraussichtlichen Auswirkungen des Mindestlohns für den Betrieb insgesamt sind wichtig, sondern auch das Wissen um die Konsequenzen auf der Ebene der Produkte. Nur wenn bekannt ist, welche Artikel oder Leistungen in welchem Umfang vom Mindestlohn betroffen sind, lassen sich gezielt Maßnahmen umsetzen.
2.2.1 Teilkostenbetrachtung – Deckungsbeitragsrechnung
Welche negativen finanziellen Konsequenzen der Mindestlohn auf den Deckungsbeitrag (DB) hat, lässt sich im Arbeitsblatt "Deckungsbeitragskalkulation" simulieren. Mit nur wenigen Eingaben ist es möglich, zu sehen, in welchem Umfang sich der Deckungsbeitrag eines Produktes oder einer Leistung reduziert. Neben dem Nettopreis, dem Materialeinsatz und ggf. anderen variablen Kosten müssen zur Berechnung des Deckungsbeitrags die Löhne eingetragen werden. Es besteht die Möglichkeit, nach Löhnen zu unterteilen, die schon heute über dem Mindestlohn und Löhnen, die aktuell noch darunter liegen. Bei Löhnen, die unter dem Mindestlohn liegen, können bis zu 4 verschiedene Entgeltgruppen berücksichtigt werden. Die Sozialkosten (AG-Anteile zur Sozialversicherung, Urlaubsentgelt, 13. Monatsgehalt etc.) können mit einem pauschalen Zuschlagssatz berechnet werden; im Beispiel wurden durchgängig 30 % angesetzt. Um die Veränderungen durch den Mindestlohn ermitteln zu können, ist es notwendig, bei den Löhnen die Stundenzahlen und die aktuellen Stundenlöhne einzeln auszuweisen. Dadurch wird in der Spalte "ohne Mindestlohn" der aktuelle Deckungsbeitrag ermittelt. In der Spalte "Neuer Mindestlohn" werden die Arbeitsstunden mit dem Mindestlohn von 12,41 EUR (zuvor: 12,00 EUR) pro Stunde berechnet. Auch der Zuschlagssatz für die Sozialkosten bezieht sich auf die sich aus der Rechnung ergebende höhere Lohnsumme, sodass sich automatisch ein neuer – niedrigerer –Deckungsbeitrag für das Produkt ergibt. Die Abweichungen werden in EUR und Prozent ausgewiesen. Wird die geplante Verkaufsmenge eines Jahres eingesetzt, lässt sich auch die Reduktion an Deckungsbeitragsvolumen darstellen. Die Arbeitsmappe bietet zudem Raum, um alle wichtigen Annahmen und Prämissen sowie evtl. Verbesserungsmöglichkeiten zu dokumentieren. Für jedes Produkt bzw. jede Leistung muss eine eigene Kalkulation bzw. Gegenüberstellung vorgenommen werden.
2.2.2 Vollkostenbetrachtung – Zuschlagskalkulation
Zusätzlich oder ergänzend zur Deckungsbeitragsdarstellung, kann eine Veränderung der Margen durch eine Vollkostenkalkulation dargestellt werden. In der Arbeitshilfe findet sich dazu die Mappe "Zuschlagskalkulation". Analog zum bisherigen Vorgehen ist es möglich, mit nur wenigen Eingaben den Preis unter alten Bedingungen und die finanziellen Folgen des Mindestlohns darzustellen.
Nach Übernahme allgemeiner Daten wie Produktbezeichnung, ggf. Kunde und Berechnungsdatum werden die spezifischen Zahlen eingegeben. Das beginnt mit dem Materialeinsatz und dem Gemeinkostenzuschlag. Danach folgen die Daten für Fertigungsbereiche, Vertrieb, Verwaltung, Gewinn, Rabatte usw. Alle Zuschlagssätze werden in die Spalte "Zuschlag" eingegeben, die Planzahlen für Stunden, Löhne und Sondereinzelkosten in die Spalten "Anzahl Stunden", "Stundenlohn" und "Bisherige Kostenstruktur". Das Kalkulationsschema bietet die Möglichkeit, eine manuelle und eine maschinelle Fertigungskostenstelle zu planen. Wie zuvor können Stundenlöhne über 12,41 EUR und bis zu 4 Entgeltgruppen unter 12,41 EUR geplant werden. Bei den Sozialabgaben sollte, wie im Beispiel zu sehen ist, mit Prozentwerten gearbeitet werden. Auf die Lohnsummen werden noch die Fertigungs- bzw. Restgemeinkosten aufgeschlagen. Über die Eingabe der Prozentwerte für z. B. Vertriebsgemeinkosten wird der Bruttoverkaufspreis berechnet.
Um die Situation mit Mindestlohn darzustellen, ist es nicht notwendig weiteren Eingaben vorzunehmen, wenn bei den Löhnen mit Stunden und Stundenkosten gearbeitet wird. Die Stunden werden einfach mit dem Mindestlohn von 12,00 EUR multipliziert und der Zuschlag für die Nebenkosten bezieht sich auf die höhere Lohnsumme.
Abb. 2: Auswirkungen des Mindestlohns auf den Produkt-Gewinn (Auszug Arbeitshilfe auf Basis 01.10.2022)
Vorsicht bei Preisermittlung über Gemeinkostenzuschlagssätze
Durch die Systematik der Zuschlagskalkulation mit den Gemeinkostenzuschlagsätzen erhöht sich der Preis stärker als durch die eigentliche Lohnsteigerung. Dieser Teil der mathematisch zwar korrekt berechneten, inhaltlich aber falschen Preissteigerung, sollte man nicht einfach an seine Kunden weitergeben.