Leitsatz
1. Die Gewährung einer Mineralölsteuerbegünstigung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 setzt die konkrete Verwendung von Mineralöl zur gekoppelten Erzeugung von Kraft und Wärme und nicht lediglich eine Mineralölverwendung innerhalb einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage voraus.
2. Den Bestimmungen der Richtlinien 2003/87/EG und 96/61/EG lassen sich keine Anhaltspunkte für die nach verbrauchsteuerrechtlichen Gesichtspunkten vorzunehmende Auslegung des Anlagenbegriffs in § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a MinöStG 1993 entnehmen.
3. Das zum Aufheizen des Rauchgases in einer Rauchgasreinigungsanlage verwendete Mineralöl wird im Rahmen des eigentlichen KWK-Prozesses zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme verwendet, so dass für diese Verwendung eine Begünstigung nach § 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a in Betracht kommt.
Normenkette
§ 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a, § 25 Abs. 3 Nr. 4 MinöStG 1993, § 53 Abs. 1 Nr. 2 EnergieStG, Art. 8 Abs. 2 Buchst. a EWGRL 81/92, Art. 3 Buchst. e, Art. 4 EGRL 87/2003, Art. 2 Nr. 3, Art. 4 EGRL 61/96
Sachverhalt
In einer mit Kohle betriebenen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK-Anlage) wird zur Rauchgasentschwefelung und Stickstoffminderung Erdgas eingesetzt. Die Rauchgasentschwefelung erfolgt dadurch, dass das Rauchgas zunächst entschwefelt und danach in einer Entstickungsanlage katalytisch gereinigt wird. Für Letzteres ist eine Rauchgas-Temperatur von ca. 290° Celsius erforderlich. Deshalb wird das Rauchgas u.a. mittels eines mit Erdgas betriebenen Brenners erhitzt und dadurch auch die erforderliche Kamin-Eintritts-Temperatur von 90° Celsius gewährleistet (sog. Low-dust-Schaltung).
Das HZA sieht das Aufheizen des Rauchgases bei dieser Schaltung nicht als Teil des KWK-Prozesses an, weil es außerhalb des Kessels stattfinde. Es will deshalb für das Mineralöl nur eine Vergünstigung nach § 25 Abs. 3 Nr. 1.2 und 4.2 MinöStG 1993 gewähren. Das FG wies die Klage ab (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.05.2007, 11 K 157/02, Haufe-Index 2016658).
Entscheidung
Die Revision hatte vor dem BFH Erfolg. Das zum Aufheizen des Rauchgases eingesetzte Mineralöl wird im Rahmen des eigentlichen KWK-Prozesses zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme verwendet. Die in dem Mineralöl enthaltene Energie wird zwar nicht in Kraft oder Wärme umgewandelt, aber innerhalb eines einheitlichen, wenn auch aus verschiedenen, aufeinander bezogenen physikalischen Prozeduren bestehenden Prozesses verwendet. Die Anlage ist zudem aus emissionsschutzrechtlichen Gründen erforderlich, um die KWK-Anlage überhaupt nutzen zu können, also ein unverzichtbarer Bestandteil des KWK-Prozesses.
Hinweis
§ 25 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a i.V.m. § 25 Abs. 3 Nr. 4.1 MinöStG 1993 versprach (in der damals anzuwendenden Fassung des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform, BGBl I 1999, 378) eine Mineralölsteuervergütung für versteuertes Erdgas, das von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, von Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft und von Versorgern, die nicht Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sind, in Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung mit einem Jahresnutzungsgrad von mindestens 70 % verwendet worden ist.
Die dabei geforderte Zweckbestimmung "zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme" ist nicht etwa auf die Anlage als solche zu beziehen. Nicht die KWK-Anlage ist Gegenstand der steuerlichen Förderung, sondern die ressourcenschonende Verwendung des Mineralöls unter optimaler Nutzung der durch die Verbrennung gewonnenen Energie. Die Verminderung von Emissionen ist lediglich ein willkommener Nebeneffekt, jedoch nicht der Hauptgrund für die Entlastungsregelung.
Ein großzügigeres Verständnis der Vergütungsregelung, welches etwa den gesamten Energieverbrauch der Anlage begünstigt (etwa auch z.B. deren Beleuchtung, Beheizung der Kontrollräume o. dgl.) ist nicht aufgrund der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts geboten. Nach Art. 8 Abs. 2 Buchst. a RL 92/81/EWG zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle (ABlEG Nr. L 316/12) können die Mitgliedstaaten Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen für Mineralöle gewähren, die bei der Elektrizitätserzeugung oder in Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden. Den Mitgliedstaaten ist es somit freigestellt, ob und in welchem Umfang sie von der Möglichkeit einer Förderung von KWK-Anlagen Gebrauch machen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 11.11.2008 – VII R 33/07