Leitsatz
* Die Zwischenschaltung einer niederländischen Kapitalgesellschaft, die innerhalb eines Konzerns als Projektgesellschaft ausgegliedert wird, als solche im Inland Grundbesitz vermietet und in diesem Zusammenhang eine eigenwirtschaftliche Funktion innehat, ist auch dann, wenn sie von ihrer niederländischen Gesellschafterin, einer Stiftung, fast ausschließlich mit Fremdkapital ausgestattet wird, nicht rechtsmissbräuchlich. Die Vermietungseinkünfte sind deshalb ihr und nicht gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 AO der Gesellschafterin zuzurechnen (Abgrenzung vom Senatsurteil vom 27.8.1997, I R 8/97, BStBl II 1998, 163).
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG , § 42 AO
Sachverhalt
Klägerin war eine Stiftung niederländischen Rechts mit Sitz in den Niederlanden. Sie ist Rechtsnachfolgerin zweier weiterer NL-Stiftungen.
Der Zweck der Klägerin war darauf gerichtet, zugunsten der Mitglieder und der ehemaligen Mitglieder und deren Nachfolger Bezüge im Rahmen von Alters- und anderen Pensionen in Form von Geldleistungen zu gewährleisten. Gleichermaßen verhielt es sich zuvor bei den Rechtsvorgängerinnen.
Die Klägerin unterhielt in Deutschland weder eine Betriebsstätte noch einen ständigen Vertreter. Sie wurde von einem Vorstand vertreten, welcher zur Wahrnehmung bestimmter Aufgabenbereiche Direktoren bestellt. Die Direktoren waren teilweise zugleich Geschäftsführer von der Klägerin gegründeter Kapitalgesellschaften niederländischen Rechts (B.V.), die in Deutschland und in den USA als Projektgesellschaften für einzelne Immobilienobjekte fungierten und zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben (Erwerb von Grundstücken sowie Errichtung von Gebäuden und deren anschließende Vermietung) von der Klägerin aus Eigenmitteln mit Darlehen ausgestattet wurden.
Das FA sah in der Zwischenschaltung dieser Gesellschaften und deren gleichzeitiger Ausstattung mit Darlehensmitteln – unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 27.8.1997, I R 8/97 (BStBl II 1998, 163) – einen Gestaltungsmissbrauch gem. § 42 Abs. 1 AO. Das FA rechnete die von den B.V. erwirtschafteten Einkünfte deswegen unmittelbar der Klägerin zu.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg (EFG 2003, 1212).
Entscheidung
Das BFH hat das kurzerhand bestätigt. Vordergründig könne darin eine Abweichung vom jenem BFH-Urteil vom 27.8.1997, I R 8/97 zu sehen sein. Im Unterschied zu den dortigen Gegebenheiten sieht der BFH im Urteilsfall jedoch noch genügende (Grund- oder Rest-)Aktivitäten der vorgeschalteten B.V., letztlich aufgrund der ihn bindenden FG-Feststellungen: Die B.V. hätten anders als seinerzeit nicht nur vermietet, sondern auch die Vermietungsobjekte errichtet. Anders als dort sei auch nicht auszuschließen, dass die B.V. die Darlehen jedenfalls annähernd bedienen könnten, und sei es mittels des Objektverkaufs und der aufgebauten stillen Reserven. Jene Reserven seien gem. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG im Inland auch steuerpflichtig.
Hinweis
1. Mit sog. Niederländische-Stiftung-Urteil vom 27.8.1997, I R 8/97 hat der BFH u.a. entschieden: Ist eine vermietende niederländische Kapitalgesellschaft eigenwirtschaftlich funktionslos und handelt sie treuhandähnlich für ihren niederländischen Gesellschafter, eine Stiftung, und dient die Zwischenschaltung ausschließlich steuerlichen Zwecken, so ist die Vermietungstätigkeit gem. § 42 Satz 2 AO dem Gesellschafter zuzurechnen.
Hintergrund waren niederländische Kapitalgesellschaften ("B.V."), die die Stiftung in Deutschland "zwischengeschaltet" hatte, um sie die Vermietung großer Grundstücksobjekte durchführen zu lassen. Mit den Erträgen aus jenen Vermietungen wären die B.V. im Inland an sich gem. § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG (i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG) beschränkt steuerpflichtig. Zu einer Steuerlast kam es jedoch nicht, weil die B.V. von ihrer Mutter mit hohen Darlehensmitteln ausgestattet worden waren, die die Einkünfte in die Verlustzone rutschen ließen. Tragfähige außersteuerliche Gründe für die Zwischenschaltung der B.V, die weder über Personal noch Büro verfügten, erkannte der BFH nicht.
2. Im Urteilsfall lagen die Dinge ähnlich, nur dass die B.V. nicht nur zur Vermietung, sondern auch zur Gebäudeerrichtung "benutzt" wurden. Das FG hatte darin genügend "Eigenfunktionalität" gesehen, um von jenem Urteil aus dem Jahr 1997 abzuweichen. Das BFH hat das nunmehr bestätigt! (Er betont überdies ein Weiteres: In den Ausgliederungen zeigte sich eine auf Dauer angelegte Konzernstrategie, nämlich die systematische Auslagerung selbstständiger (und mehr oder weniger passiv tätiger) Kapitalgesellschaften aus den aktiv tätigen Konzernbereichen anstelle unselbstständiger Betriebsteile. Auch das widerspricht nach Auffassung des BFH einem Missbrauchsverdacht.)
3. Das liegt auf der Linie der jüngsten Dublin-Docks-Entscheidung des BFH vom 25.2.2004, I R 42/02 (BFH-PR 2004, 416). Dort hatte der BFH allerdings noch zusätzlich europarechtliche Aspekte einfließen lassen, welche aus seiner Sicht dem "Missbrauchsverriss" der zwischengeschalteten Gesellschaften im Weg standen. Das...