Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Eine bloße betriebliche Mitbenutzung privat genutzter Räume ist nicht ausreichend, um eine Zuordnung zum Betriebsvermögen vornehmen zu können. Ein nur durch eine Stufe vom privat genutzten Wohnzimmer getrenntes "Besprechungszimmer" gehört daher zum Privatvermögen.
Sachverhalt
Der Antragsteller erzielt gewerbliche Einkünfte aus einem Dentallabor, das sich in seinem auch als privates Wohnhaus genutzten Anwesen befindet. Er ließ anstelle des an den Wohnbereich angrenzenden Wintergartens einen massiven Anbau errichten und verbuchte die Kosten als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand des betrieblichen Gebäudeteils.
Das Finanzamt kam zu dem Ergebnis, dass der Anbau eine Erweiterung des privaten Wohnhauses darstellt und behandelte die entsprechenden Aufwendungen als Privatentnahmen.
Entscheidung
Das FG hat im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung nach summarischer Prüfung entschieden, dass der Anbau nicht dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist und dass die diesbezüglichen Aufwendungen nicht zu einem Betriebsausgabenabzug führen.
Bei Gebäuden ist bei der Aufteilung in Wirtschaftsgüter des Privat- und Betriebsvermögens der durch Wände und Türen abgeschlossene Raum die kleinste Einheit. Zwar sagt die Abgeschlossenheit eines Raums noch nichts über die Art seiner Nutzung aus; allerdings wird er erst durch seine Abgeschlossenheit zu einem Wirtschaftsgut, über dessen Nutzungsart sich eine nachprüfbare Aussage treffen lassen kann.
Vorliegend ist das "Besprechungszimmer" kein gegenüber dem "Wohnzimmer" abgeschlossener Raum. Nur der gesamte aus "Wohnzimmer" und "Besprechungszimmer" bestehende Raum ist ein einheitliches Wirtschaftsgut. Aufgrund der Nutzung des Raums als Wohnzimmer überwiegt der private Nutzungs- und Funktionszusammenhang bei Weitem. Daher ist der Raum dem notwendigen Privatvermögen zuzuordnen.
Hinweis
Ein Wirtschaftsgut kann auch gewillkürtes Betriebsvermögen sein, wenn es objektiv dazu geeignet und erkennbar dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern. Letzteres setzt voraus, dass der Wille des Steuerpflichtigen, das Wirtschaftsgut als Betriebsvermögen und nicht als Privatvermögen zu behandeln, äußerlich und zwar auch für einen sachverständigen Dritten, z. B. einen Betriebsprüfer, erkennbar ist. Dies erfordert eine unmissverständliche Dokumentation der Zugehörigkeit des Wirtschaftsgutes zum gewillkürten Betriebsvermögen.
Ist - wie im Antragsfall - nach Aktenlage davon auszugehen, dass die bisher als Wohnzimmer genutzte Fläche unverändert dem Privatvermögen zugeordnet wurde und die mit dem Anbau in Zusammenhang stehenden Rechnungen als sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand behandelt wurden, scheidet eine Zuordnung des Wirtschaftsgutes "Wohnzimmer" und "Besprechungszimmer" zum gewillkürten Betriebsvermögen aus.
Link zur Entscheidung
FG München, Beschluss vom 04.08.2010, 10 V 1114/10