Dr. Walter Schmidt, Manfred Blachfellner
Integrated Reporting als weitere Grundlage
Eine weitere Grundlage für das Konzept der Modernen Wertorientierung bildet der Ansatz des "Integrated Reporting", der eine globale Standardisierung der externen Berichterstattung zum Ziel hat. Er ist vom IIRC (International Integrated Reporting Council) entwickelt und im Dezember 2013 veröffentlicht worden. Integration heißt in diesem Kontext gemeinsame Betrachtung der Wirkzusammenhänge, heißt aber auch Akzeptanz der Komplexität und damit eine Abkehr von vereinfachter einseitiger Zielsetzung (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Moderner Wertorientierung zugrunde liegendes Bild des andauernden Wertschöpfungsprozesses
Der Integrierte Bericht soll Auskunft darüber geben, wie durch das Geschäftsmodell eines Unternehmens kurz-, mittel- und langfristig Wert geschaffen (erhalten oder vermindert) wird. Die Wertschaffung wird als Gesamtwirkung der Veränderung von sechs Vermögensarten verstanden.
Dazu ist eine Anmerkung erforderlich:
"Capital" vs. "Vermögen"
Das <IR>-Framework beschreibt sechs verschiedene Arten von "Capital". Der Begriff "Capital" wird definiert als „Bestände an Werten, von deren Input in das Geschäftsmodell der Erfolg aller Organisationen abhängt und die durch Geschäftsaktivitäten und Outputs erhöht, verringert oder transformiert werden. Wenn wir vom deutschen Bilanzverständnis ausgehen, werden "Bestände an Werten" der Vermögensseite zugeordnet. Das Kapital widerspiegelt demgegenüber die verschiedenen Finanzierungsquellen für alle Arten von Vermögen, wobei die Finanzierungsquellen entweder dem Eigen- oder dem Fremdkapital zugeordnet werden und damit die Interessen der Stakeholder Eigentümer oder Investoren und Kreditgeber repräsentieren. Vermögensarten und Finanzierungsquellen sind weder identisch noch kongruent. Deshalb haben die Autoren den Begriff "Capital" in diesem Kontext grundsätzlich mit "Vermögen" (im Sinne: für das Geschäftsmodell verfügbare bzw. eingesetzte Ressourcen) übersetzt. Aufgabe von Management und Controlling ist es, gemeinsam die für das Geschäftsmodell notwendigen Vermögensniveaus inklusive einer ausreichenden risikoadäquaten Liquiditäts-Vorsorge zu bestimmen und dann durch die Steuerung der Ein- und Auszahlungen Abweichungen vom Soll aktiv zu verringern. Während für die ersten Vermögensarten bereits vielfältige geeignete Instrumente zur Steuerung vorliegen, existieren für die Abbildung und Steuerung insbesondere von "Soziales & Beziehungsvermögen" sowie "Natürliches Vermögen" bislang erst rein theoretische Ansätze.
Schrittweise Bilanzerweiterung
Gleichzeitig ist zu beachten, dass nach den gegenwärtigen Regeln nur ein Teil dieser Vermögensarten bilanziell erfasst wird. Eine konsequente Umsetzung des <IR>-Frameworks würde die seit Einführung der IFRS (International Financial Reporting Standards) verfolgte Politik der schrittweisen Bilanzerweiterung verstärken. Dann ergäbe sich eine Struktur, die insbesondere dem Controlling-Gedanken der umfassenden Zielsetzung, Planung und Steuerung aller Wertschöpfungsfaktoren entgegenkommt.
Das bedeutet auch neue Herausforderungen für das Controlling. Es gilt ein zusammenhängendes Zielsystem zu entwickeln, das ökologische Lösungen und soziales Wohlbefinden mit wirtschaftlicher Lebensfähigkeit verbindet.
Und es gilt, sich zukünftig sowohl bei der Zielsetzung und Planung als auch im Rahmen von Reporting und Steuerung explizit mit den im <IR>-Framework definierten sechs Vermögensarten – in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschäftsmodell – zu befassen.