Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
B ist Unternehmer, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist; zu dem Rahmen seiner unternehmerischen Betätigung gehört die Lieferung der Elektroartikel.
Die Überlassung der Elektroartikel an A in das Zentrallager in Köln führt zu keinem umsatzsteuerrelevanten Vorgang, da keine Verfügungsmacht an den Gegenständen verschafft wird. Mit der Umlagerung der immer noch dem B zuzurechnenden Gegenstände aus dem Lager in Köln in das Lager in Eindhoven kommt es zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen der Ware. In Deutschland führt dies für B zu einer (fiktiven) Lieferung gegen Entgelt, die am Beginn der Warenbewegung als ausgeführt gilt. Das in Deutschland damit nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Verbringen ist aber unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. b i. V. m. § 6a Abs. 1 und Abs. 2 UStG als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei.
Steuerfreiheit als innergemeinschaftliches Verbringen setzt USt-IdNr. voraus
Seit dem 1.1.2020 ist auch bei einem innergemeinschaftlichen Verbringen eine USt-IdNr. und die zutreffende Meldung in der Zusammenfassenden Meldung Voraussetzung für die Steuerbefreiung. Damit muss sich B vorher in den Niederlanden registrieren lassen und eine USt-IdNr. in den Niederlanden beantragen. Ohne diese Voraussetzung wäre das Verbringen in Deutschland steuerpflichtig.
Die Bemessungsgrundlage für das innergemeinschaftliche Verbringen bestimmt sich anhand der Wiederbeschaffungskosten, hier 25.000 EUR. Dieser Umsatz ist in der Zusammenfassenden Meldung anzugeben.
In den Niederlanden muss B einen innergemeinschaftlichen Erwerb analog § 1a Abs. 2 UStG besteuern, dessen Ort nach § 3d Satz 1 UStG dort ist, wo die Ware sich am Ende des Transports befindet (Niederlande). Der Erwerb ist damit in den Niederlanden steuerbar und steuerpflichtig. Die Bemessungsgrundlage beträgt 25.000 EUR, sodass sich eine Umsatzsteuer von (25.000 EUR x 21 % =) 5.250 EUR ergibt. Diese Erwerbsteuer muss B in den Niederlanden im normalen Veranlagungsverfahren anmelden. Unter den weiteren nationalen Voraussetzungen ist B aber in den Niederlanden zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Die Lieferung des Fernsehers aus dem Lager in Eindhoven an den Privatkunden in Amsterdam ist ein rein inländischer Vorgang in den Niederlanden. Der Umsatz ist in Deutschland nicht steuerbar, die Lieferung ist aber (nach niederländischen Recht) in den Niederlanden steuerbar und steuerpflichtig. B muss aus dem Kauferlös die niederländische Umsatzsteuer (21 %) herausrechnen und beim niederländischen Finanzamt im Regelverfahren anmelden.
Weder innergemeinschaftlicher Fernverkauf noch Besteuerung über OSS
Bei der Lieferung aus dem Lager in den Niederlanden an den niederländischen Kunden kann es nicht zur Anwendung der Regelungen über den innergemeinschaftlichen Fernverkauf kommen, da die Gegenstände nicht in einen anderen Mitgliedstaat gelangen. Deshalb kann auch keine Besteuerung über den One-Stop-Shop (OSS) nach § 18j UStG erfolgen.
Die Lieferung des Fernsehers aus dem Lager in Eindhoven zu dem Privatkunden in Leer (Deutschland) ist ein innergemeinschaftlicher Fernverkauf nach § 3c Abs. 1 UStG; die Umsatzschwelle nach § 3c Abs. 4 UStG ist nach den Sachverhaltsangaben überschritten. Damit verlagert sich der Ort der Lieferung dorthin, wo der Gegenstand sich am Ende der Beförderung oder Versendung befindet – hier in Deutschland. Die Lieferung ist in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG mit dem, was B erhält, abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer. Die Bemessungsgrundlage beträgt damit (1.000 EUR ./. 159,66 EUR =) 840,34 EUR. Die Umsatzsteuer ist von B allerdings nicht im Veranlagungsverfahren (monatliche USt-VA) zu erklären. Da B an dem besonderen Besteuerungsverfahren nach § 18j UStG (OSS) teilnimmt, sind alle innergemeinschaftlichen Fernverkäufe in diesem Verfahren zu erklären. B hat daher diesen Umsatz in der elektronischen Steuererklärung für das dritte Quartal 2021 gegenüber dem BZSt anzugeben und den Betrag bis zum Ablauf des folgenden Monats (Ende Oktober 2021) an das BZSt zu zahlen.
Nur einheitliche Teilnahme am One-Stop-Shop möglich
Nimmt ein Unternehmer an dem One-Stop-Shop nach § 18j UStG teil, muss er dies für alle Mitgliedstaaten und für alle im Rahmen dieser Sonderregelung meldefähigen Umsätze einheitlich tun.