OFD Münster, Verfügung v. 21.7.2011, S 1300 - 169 - St 45 - 32
Auf dem deutschen Immobilienmarkt treten zunehmend nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaften als Investoren auf. Sie erwerben – in teilweise sehr großem Umfang – im Inland belegenen Grundbesitz und erzielen daraus inländische Einkünfte. Aufgrund der Änderung des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f EStG durch das JStG 2009 werden diese Einkünfte ab dem VZ 2009 als solche aus Gewerbebetrieb erfasst. Zur Ermittlung der Einkünfte ab dem VZ 2009 nimmt das BMF-Schreiben vom 16.5.2011 ausführlich Stellung. Ergänzend bittet die OFD bei der Veranlagung dieser Gesellschaften folgende Besonderheiten zu beachten:
I. Kapitalgesellschaften als Erwerber
1. Prüfung der Körperschaftsteuerpflicht
Die nach ausländischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaften haben ihren statutarischen Sitz im Ausland. Gleichwohl kann sich im Einzelfall der Ort der Geschäftsleitung i.S. von § 10 AO im Inland befinden mit der Folge, dass diese Kapitalgesellschaften nach § 1 Abs. 1 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig sind. Sie unterliegen dann grundsätzlich mit ihrem Welteinkommen der deutschen Besteuerung und werden wie nach inländischem Recht gegründete Kapitalgesellschaften besteuert.
In einschlägigen Fällen sind zunächst Ermittlungen zum Ort der Geschäftsleitung und zum Ort der Verwaltung des inländischen Grundbesitzes durchzuführen (vgl. auch Anschreiben zur Prüfung inländischer Einkünfte, Vordruck-Nr. 724/309). Dabei sollte regelmäßig auch die Informationszentrale für steuerliche Auslandslandbeziehungen im Bundeszentralamt für Steuern (IZA) eingebunden werden. Zudem sind der IZA eigene Erkenntnisse über die ausländischen Gesellschaften mitzuteilen (vgl. BMF-Schreiben vom 7.9.2007, IV B 1 – S 1509/07/0001, BStBl 2007 I S. 754, EStGK NRW DBA Allgemeines 41). Hierfür stehen die Vordrucke BZSt 1 (Vordruck-Nr. 703/024) und BZSt 3 (Vordruck-Nr. 703/026) im ETV-Vorlagenschrank zur Verfügung.
Legt die ausländische Kapitalgesellschaft eine von einer ausländischen Steuerbehörde ausgestellte Ansässigkeitsbescheinigung vor, kann dies als Indiz für einen im Ausland belegenen Geschäftsleitungsort gewertet werden. Eine Bindungswirkung für das deutsche Besteuerungsverfahren entsteht hierdurch nicht.
Befinden sich sowohl der statutarische Sitz als auch der Ort der Geschäftsleitung im Ausland, ist die ausländische Kapitalgesellschaft nur mit ihren inländischen Einkünften i.S. des § 49 EStG beschränkt körperschaftsteuerpflichtig nach § 2 Nr. 1 KStG.
Exkurs:
Die identitätswahrende Verlegung des Verwaltungssitzes einer nach ausländischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft ins Inland ist nur möglich, wenn der Herkunftsstaat gesellschaftsrechtlich der Gründungstheorie (z.B. Großbritannien) folgt. Folgt der ausländische Staat der Sitztheorie, kann nach ausländischem Gesellschaftsrecht mit der Verlegung des Verwaltungssitzes eine Auflösung der im Ausland gegründeten Kapitalgesellschaft einhergehen. Dies hat zur Folge, dass das Vermögen und die Einkünfte den Gesellschaftern unmittelbar oder mittelbar über eine anzunehmende Personengesellschaft zuzurechen sind (Hinweis auch auf die Urteile des BGH vom 27.10.2008, II ZR 158/06 und II ZR 290/07). Nach dem Urteil des EuGH vom 16.12.2008, Rs. C-210/06 – „CARTESIO” verstoßen die nationalen Vorschriften des Gesellschaftsrechts der Mitgliedstaaten nicht gegen die Grundfreiheiten des EGV, wenn sie den nach ihrem nationalen Recht gegründeten Gesellschaften verwehren, ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat zu verlegen und dabei ihre Eigenschaft als Gesellschaft des nationalen Rechts des Mitgliedstaats, nach dessen Recht sie gegründet wurde, zu behalten. Durch Onlineabfragen bei ausländischen Handelsregistern kann die rechtliche Existenz der ausländischen Gesellschaften überprüft werden (vgl. auch Arbeitspapier Prüfung der rechtlichen/tatsächlichen Existenz von ausländischen Kapitalgesellschaften). Darüber hinaus sollte in Zweifelsfällen über das BZSt geklärt werden, ob die ausländische Gesellschaft rechtsformwahrend ihren Verwaltungssitz ins Inland verlegen kann.
Mit Streichung des § 4 Abs. 2 GmbHG und dessen Parallelnorm im Aktienrecht, § 5 Abs. 2 AktG, durch das MoMiG wurde in Deutschland eine zivilrechtliche Möglichkeit geschaffen, durch die inländische Kapitalgesellschaften einen vom Satzungssitz abweichenden Verwaltungssitz (= Ort der Geschäftsleitung) im Ausland wählen können.
2. Art der Einkünfte
2.1 Bis einschließlich VZ 2008
Die laufenden Vermietungseinkünfte sind bei beschränkt steuerpflichtigen Körperschaften als inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu beurteilen, da nach § 8 Abs. 2 KStG nur unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG bereits kraft Rechtsform Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen. Auch wenn neben der vermögensverwaltenden Tätigkeit ein Gewerbebetrieb im Ausland unterhalten wird, führt dies nicht zur Umqualifizierung der inländischen Einkünfte aus...