FinMin Hessen, Erlaß v. 21.3.2001, S 0171 A - 158 - II A 11
I. In den letzten Jahren sind zunehmend Vereine in Erscheinung getreten, deren Mitglieder kleinere Dienstleistungen verschiedenster Art gegenüber anderen Vereinsmitgliedern erbringen (z.B. kleinere Reparaturen, Hausputz, Kochen, Babysitting, Nachhilfeunterricht, häusliche Pflege). Für die geleistete Arbeit erhält das Vereinsmitglied („aktives Mitglied”) regelmäßig ein Entgelt, das entweder in einer finanziellen Vergütung oder einer Gutschrift auf einem von dem Verein für das aktive Mitglied geführten Konto besteht. Die Vergütung bemisst sich in der Regel nicht nach dem materiellen Wert der erbrachten Dienstleistung, sondern nach der hierfür aufgewendeten Zeit und kann entweder als finanzielle Gutschrift oder als Zeitgutschrift geleistet werden (z.B. 2 Punkte pro Arbeitsstunde). Die Gutschriften können von dem Mitglied eingelöst werden, wenn es selbst die Hilfsdienste des Vereins in Anspruch nimmt. Die Vereine treten meistens unter folgenden Bezeichnungen auf: Nachbarschaftshilfe, Seniorengenossenschaft, Seniorenhilfe, Talentemarkt, Tauschbörse, Tauschkreis, Tauschring, Zeitbörse, Zeittausch, LETS („Local Exchange Trading System”). Solche Vereine können grundsätzlich nicht als steuerbegünstigte Körperschaft im Sinne der §§ 51 ff. AO anerkannt werden, weil regelmäßig durch die gegenseitige Unterstützung – unabhängig von Alter oder Krankheit – in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder gefördert werden und damit gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 AO) verstoßen wird. Sofern der Verein lediglich die Zeitkonten seiner Mitglieder verwaltet und Dienstleistungen vermittelt, erfüllt er zudem nicht die Voraussetzung der Unmittelbarkeit, (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AO).
II. Beschränkt sich dagegen der Zweck der Vereine (nach Satzung und tatsächlicher Geschäftsführung) auf die Förderung der Jugend- und Altenhilfe sowie die Förderung mildtätiger Zwecke, kann eine Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft erfolgen. In diesen Fällen kann die Selbstlosigkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 AO unbeschadet des Entgelts für die aktiven Mitglieder erhalten bleiben, da diese Vorschrift nicht voraussetzt, dass der Verein und seine Mitglieder für erbrachte Dienstleistungen im Rahmen der satzungsmäßigen Zwecke auf angemessene materielle Vorteile verzichten. Es reicht aus, wenn die eigene Opferwilligkeit nicht zugunsten eigennütziger Interessen in den Hintergrund gedrängt wird (BFH-Urteil vom 13.12.1978, I R 37/78, BStBl 1979 II S. 482).
Um die Voraussetzung der Unmittelbarkeit (§ 57 Abs. 1 AO) zu erfüllen, müssen die aktiven Mitglieder ihre Dienstleistungen als Hilfspersonen des Vereins im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 2 AO ausüben. Indizien hierfür sind beispielsweise:
- besondere Regeln, an die die Mitglieder im Zusammenhang mit der Ausübung des Dienstes gebunden sind (Schweigepflicht, Verbot der Vorteilsannahme u.ä.)
- Legitimation der Aktiven als Vereinsmitglieder während der Ausübung ihrer HiIfsdienste
- Haftpflicht- und Unfallversicherung der Mitglieder für die Dauer des Dienstes
- Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen für die aktiven Mitglieder.
In Zusammenarbeit mit der ARBES Hessen (Arbeitsgemeinschaft Bürgerschaftliches Engagement Senioreninitiativen Hessen) wurde eine Mustersatzung für Seniorenhilfsvereine erstellt. Diese Satzung erfüllt die formellen Erfordernisse des § 60 AO. Es bestehen daher keine Bedenken gegen die Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft im Sinne der §§ 51 ff. AO wegen Förderung der Jugend- und Altenhilfe sowie mildtätiger Zwecke, wenn ein Verein seine Satzung an die als Anlage beigefügte Mustersatzung anpasst und die tatsächliche Geschäftsführung den Satzungsbestimmungen entspricht.
Mustersatzung für Seniorenhilfsvereine
(Nur aus steuerlichen Gründen notwendige Bestimmungen ohne Berücksichtigung der vereinsrechtlichen Vorschriften des BGB)
1. Der Verein ……………………………………….
mit Sitz in …………………………………
verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke” der Abgabenordnung.
2. Zweck des Vereins ist
a. die Förderung der Jugend- und Altenhilfe
b. die Unterstützung von Personen in Verrichtungen des täglichen Lebens, die zu dem Personenkreis des § 53 AO gehören und
c. die Förderung der Bildung und Erziehung.
3. Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch
a. Besuchsdienste bei alten oder hilfsbedürftigen Personen
b. Entlastung pflegender Familienangehöriger, soweit die Pfleger/innen selbst zu dem Personenkreis des § 53 AO gehören
c. Begleitung von alten oder hilfsbedürftigen Personen, z.B. bei Behördengängen, Arztbesuchen
d. Hilfe im Haushalt, im Krankheitsfall, z.B. nach Entlassung aus dem Krankenhaus
e. kleinere Reparaturhilfen in Haushalt von Personen, die die Voraussetzungen des § 53 AO erfüllen
f. Betreuung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, z.B. durch Hausaufgabenhilfe, Nachhilfe
g. Durchführung von Vortragsveranstaltungen und S...