Leitsatz
Die richterliche Anordnung der Wohnungsdurchsuchung im Rahmen einer verbrauchsteuerrechtlichen Verdachtsnachschau setzt voraus, dass konkrete, auf die zu durchsuchenden Räumlichkeiten bezogene Anhaltspunkte vorliegen, die auf einen Verstoß gegen Vorschriften oder Anordnungen hindeuten, deren Einhaltung durch die Steueraufsicht gesichert werden soll. Ein bloßer auf allgemeinen Erfahrungen der Behörde beruhender Verdacht reicht nicht aus.
Normenkette
Art. 13 Abs. 1 GG, § 210 Abs. 2 AO
Sachverhalt
Aufgrund eines anonymen Hinweises auf einen angeblichen Zigarettenschmuggler beantragte das HZA beim FG eine Anordnung für die Durchsuchung von dessen Wohnung. Das FG lehnte den Antrag ab, weil es die Voraussetzungen des § 210 Abs. 2 Satz 1 AO nicht für gegeben hielt.
Entscheidung
Der BFH hat die zulässige Beschwerde aus den in den Praxis-Hinweisen erkennbaren Gründen zurückgewiesen. Der BFH verlangt sinngemäß, dass der Anzeigenerstatter auch Angaben dazu macht, woher die Zigaretten stammen (gemeint wohl: wie der Angezeigte an sie gelangt ist) und dass dieser sie in der zu durchsuchenden Wohnung gelagert hat. Dass es sich um polnische oder russische Zigaretten handelte und der Angezeigte aus der ehemaligen Sowjetunion stammte, habe keine "eigenständige" Bedeutung, wofür der BFH das "Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG" in Anspruch nimmt.
Hinweis
Für eine Wohnungsdurchsuchung bedarf es, wenn nicht Gefahr im Verzug ist, einer richterlichen Anordnung (vgl. § 210 Abs. 2 Satz 2 AO, Art. 13 Abs. 2 GG). Zuständig sind die FG nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO, wenn als Rechtsgrundlage § 210 Abs. 2 AO (Nachschau) in Anspruch genommen wird.
Voraussetzung für eine Anordnung ist, dass konkrete Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in den zu durchsuchenden Räumen Schmuggelwaren oder nicht ordnungsgemäß versteuerte verbrauchsteuerpflichtige Waren befinden. Ein bloß auf allgemeinen Erfahrungen beruhender Verdacht oder eine bloße Vermutung reichen nicht.
Die Durchsuchung von Wohnräumen darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind, sondern setzt einen Verdacht voraus (BVerfG, Beschluss vom 9.2.2005, 2 BvR 1108/03, HFR 2005, 900).
Der BFH hat in der Besprechungsentscheidung strenge Anforderungen gestellt. Er hat nicht ausreichen lassen, dass eine anonyme Anzeige eingegangen war, wonach eine bestimmte Person russische oder polnische Marlboro an seine Arbeitskollegen verkauft habe.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 8.11.2005, VII B 249/05