Leitsatz

Zu den Anschaffungskosten gehören auch nachträgliche Anschaffungskosten auf den Vermögensstamm, die aufgewendet werden, um eine notleidende Kapitalanlage zu retten.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 EStG, § 255 Abs. 1 HGB, § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO

 

Sachverhalt

Eine KG hatte zwei in den USA ansässigen Unternehmen verzinsliche Darlehen gewährt. Nachdem die Schuldner in Liquiditätsschwierigkeiten und mit den Zinszahlungen in Rückstand geraten waren, erhielt die KG nach Verhandlungen mit der an den Schuldnern beteiligten X AG (AG) den vollen Darlehensbetrag zurück und die noch rückständigen Zinsen ausgezahlt. Die Zinsen leitete die KG unmittelbar an die AG weiter. Sie erzielte aus der Darlehenshingabe insgesamt einen Totalüberschuss. In der Gewinnermittlung machte die KG die an die AG weitergeleiteten Zinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erfolglos als Werbungskosten geltend.

Das FG (FG Köln, Urteil v. 22.5.2012, 15 K 183/09) gab der Klage insoweit statt, als die Zahlung an die AG auf die Realisierung der Zinsen entfallen sei (rund 7 % der Gesamtsumme des weitergeleiteten Betrags). Im Übrigen wies es die Klage ab.

 

Entscheidung

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Gesellschafter der KG blieb erfolglos. Der BFH führte aus: Die Frage, ob die von der KG an die AG weitergeleiteten Zinsen als Werbungskosten zu berücksichtigen seien, habe keine grundsätzliche Bedeutung. Es sei auch keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

Zu den Anschaffungskosten gehörten auch nachträgliche Anschaffungskosten auf den Vermögensstamm, die aufgewendet würden, um die notleidende Kapitalanlage zu retten. Dies sei vorliegend der Fall. Nach der Zahlungseinstellung der Schuldner in den USA habe die KG die AG als Vermittler eingeschaltet, um ihr Kapital und die noch ausstehenden Zinsen ohne streitige Auseinandersetzung und Zwangsvollstreckung in den USA zu erhalten. Im Gegenzug habe sie sich verpflichtet, die Zinsen bei Zahlung unverzüglich an die AG weiterzuleiten. Die für die Vermittlungstätigkeit der AG entstandenen Aufwendungen seien danach einer bestimmten Kapitalanlage – der Darlehensgewährung – als nachträgliche Anschaffungskosten konkret zuordenbar.

 

Hinweis

1. Aufwendungen auf Kapitalanlagen sind uneingeschränkt zum Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzulassen, wenn bei der jeweiligen Kapitalanlage die Absicht zur Erzielung steuerfreier Vermögensvorteile nicht im Vordergrund steht, d.h. nur mitursächlich für die Anschaffung der Ertrag bringenden Kapitalanlage ist. Soweit der Grundsatz. Allerdings steckt auch hier der Teufel im Detail:

2. Bei der Gewährung eines Darlehens ist der durch die Hingabe des Kapitals erworbene Darlehensrückerstattungsanspruch Gegenstand eines Anschaffungsvorgangs. Demgemäß gehören weder die für den Erwerb eines solchen Wirtschaftsguts anfallenden Anschaffungskosten noch die Anschaffungsnebenkosten zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.

3. Dabei setzt die Zurechnung von Aufwand als Nebenkosten zu den Anschaffungskosten von Kapitalvermögen nach § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs grundsätzlich voraus, dass er einzelnen, bestimmten Kapitalanlagen zugeordnet werden kann. Zu den Anschaffungskosten gehören auch nachträgliche Anschaffungskosten auf den Vermögensstamm, die aufgewendet werden, um die notleidende Kapitalanlage zu retten.

4. Solche nachträglichen Anschaffungskosten können im Bereich der Überschusseinkünfte nur nach Maßgabe der Sonderregelungen der §§ 17, 23 EStG sowie des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes für die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer von Bedeutung sein. Im Übrigen ist der Werbungskostenabzug für Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten solcher Wirtschaftsgüter im Bereich der Überschusseinkünfte ausgeschlossen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 12.03.2013 – VIII B 85/12

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