Leitsatz
1. Sog. "nachträgliche Schuldzinsen" können auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung einer zur Vermietung bestimmten Immobilie grundsätzlich weiter als Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Darlehensverbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.
2. Die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steht unter dem Vorbehalt der vorrangigen Schuldentilgung.
3. Für die Berücksichtigung von nachträglichem Zinsaufwand als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist es nicht von Bedeutung, dass dieser nicht aufgrund der ursprünglichen darlehensvertraglichen Verpflichtung (oder einer damit einhergehenden vertraglichen Haftung), sondern aufgrund einer gesetzlich geregelten Gesellschafterhaftung geleistet wurde.
4. Die Entscheidung des Steuerpflichtigen, seine Beteiligung an einer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielenden Personengesellschaft zu veräußern, beinhaltet grundsätzlich den Entschluss, die Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung aufzugeben. Unbeschadet dessen führt eine Inanspruchnahme im Zuge der Nachhaftung (§ 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB) bei einem Steuerpflichtigen, der seine Beteiligung an der GbR gerade zur Vermeidung einer solchen persönlichen Haftung weiterveräußert hat, zu berücksichtigungsfähigem Aufwand, soweit er diesen endgültig selbst trägt.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, § 736 Abs. 2 BGB, § 160 HGB
Sachverhalt
Der Kläger beteiligte sich an einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer vermögensverwaltenden GbR. Die Gesellschaft nahm Bankdarlehen in Anspruch zur Instandsetzung und Modernisierung der von ihr erworbenen Immobilie. Für die Rückzahlung des Darlehens übernahmen die Gesellschafter anteilig die persönliche Haftung. Nachdem die Gesellschaft das Darlehen nicht mehr bedienen konnte, veräußerte der Kläger seinen Gesellschaftsanteil an eine GmbH. Die GmbH verpflichtete sich, den Kläger von sämtlichen Verpflichtungen aus der Beteiligung freizustellen. Auf Klage der Bank wurde u.a. der Kläger zur Zahlung rückständiger Zinsen und zur anteiligen Rückzahlung des Darlehens verurteilt. Nachdem die GbR insolvent geworden war, ließ die Bank das Grundstück versteigern und rechnete den Veräußerungserlös in voller Höhe auf die rückständigen Zahlungen der GbR an. Dadurch verringerte sich auch die Haftungsschuld des Klägers. Den verminderten Betrag leistete der Kläger. Sein Freistellungsanspruch gegen die GmbH war nicht durchsetzbar.
Der Kläger machte die Zahlung in voller Höhe als WK geltend. Das FA ging davon aus, dass der Kläger nur Tilgung geleistet habe. Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 21.10.2014, 13 K 1365/12 E, Haufe-Index 7614796, EFG 2015, 109) hat der Klage teilweise in Höhe des darin enthaltenen Zinsanteils stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Entscheidung
Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Die Entscheidung lässt sich in zwei Sätzen zusammenfassen:
1. Nachträgliche Werbungskosten liegen auch dann vor, wenn der Gesellschafter einer vermietenden GbR nach Veräußerung oder Zwangsversteigerung der Immobilie für von der GbR nicht geleistete Zinszahlungen persönlich in Anspruch genommen wird, sofern das von der GbR aufgenommene Darlehen zur Bezahlung von AK/HK oder WK verwendet worden ist.
2. Daran ändert sich nichts, wenn der Gesellschafter durch Übertragung seiner Beteiligung (vergeblich) versucht hat, sich der persönlichen Haftung zu entziehen.
Hinweis
Die Entscheidung fügt der neuen Dogmatik des BFH zu den nachträglichen Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung weitere Mosaiksteine hinzu. Der Sachverhalt warf im Wesentlichen zwei Fragen auf.
1. Problematisch war vor allem, dass der Kläger versucht hatte, sich durch die Veräußerung seiner Beteiligung der anteiligen persönlichen Haftung für Verbindlichkeiten der GbR zu entziehen, ohne Erfolg allerdings:
a) Zivilrechtlich haftet der aus einer GbR ausgeschiedene Gesellschafter nach § 736 BGB für die sog. Altverbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich fort. Die handelsrechtlichen Haftungsbeschränkungen (insbesondere § 160 HGB) sind sinngemäß anzuwenden. Nach neuerer zivilrechtlicher Dogmatik haftet der Gesellschafter einer GbR nach Maßgabe der Vorschriften über die akzessorische persönliche Haftung des Komplementärs (§ 128 HGB) für Gesellschaftsschulden. Daneben hatten sich die Gesellschafter nach den Feststellungen des FG wohl auch rechtsgeschäftlich gegenüber der Darlehensgeberin verpflichtet. Der Versuch, sich durch Übertragung der Beteiligung der persönlichen (Nach-)Haftung zu entziehen, war also von vornherein untauglich, die anschließende Verurteilung zur anteiligen Zahlung unausweichlich.
b) Steuerrechtlich stellten sich in diesem Zusammenhang zwei Fragen:
aa) Zum einen war fraglich, ob die Übertragung der Beteiligung zwingend auf die Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht schließen lässt. Dann wäre der Abzug nacht...