Leitsatz
Die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG erfolgt stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt. Nachträgliche Veränderungen des Veräußerungspreises aus einem Anteilsverkauf (hier infolge eines Streitvergleichs) sowie nachträglich angefallene Veräußerungskosten wirken deswegen gewinnmindernd auf den Veräußerungszeitpunkt zurück. Das betrifft nicht nur die nach § 8b Abs. 2 und 3 KStG (außerbilanziell) vorzunehmende Einkommenskorrektur, sondern auch die (ebenfalls außerbilanziell) vorzunehmende (Gegen-)Korrektur des daraus abzuleitenden steuerbilanziellen Gewinns (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 22.12.2010, I R 58/10, BFH/NV 2011, 711, BFH/PR 2011, 181, BFHE 232, 185, zum Teil entgegen BMF, Schreiben vom 13.3.2008, BStBl I 2008, 506).
Normenkette
§ 8b Abs. 2 und 3, § 15 Satz 1 Nr. 2 KStG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, war seit 2005 im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses Organträgerin einer GmbH als Organgesellschaft (Organ-GmbH). Im Jahre 2006 veräußerte die Organ-GmbH ihre Alleinbeteiligung an einer weiteren GmbH, der Holding-GmbH, an fremde Dritte. Die Übertragung der Anteile erfolgte mit Wirkung zum 26.10.2006. Der Buchwert der Anteile an der Holding-GmbH betrug zu diesem Zeitpunkt 326.500.000 EUR. Aus der Veräußerung der Kapitalbeteiligung erlöste die Organ-GmbH einen vorläufigen Veräußerungsgewinn i.H.v. rd. 2,5 Mio. EUR.
Der Anteilskaufvertrag enthielt verschiedene, aufschiebend bedingte Vereinbarungen, über welche es in der Folgezeit zwischen der Organ-GmbH als Verkäuferin der Kapitalbeteiligung und den Käufern zu Unstimmigkeiten kam. In 2007, dem Streitjahr, schlossen die Vertragsparteien einen außergerichtlichen Vergleich, wodurch sich der Gewinn der Organ-GmbH aus der Veräußerung der Kapitalanteile im Streitjahr um rd. 16,1 Mio. EUR auf einen Gesamt-Veräußerungsgewinn in den Jahren 2006 und 2007 von rd. 18,6 Mio. EUR erhöhte. Später erhöhten sich sowohl der Kaufpreis ebenso wie die Veräußerungskosten nochmals; der Gewinn errechnete sich nunmehr mit rd. 4 Mio. EUR.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, sämtliche nachträgliche Erhöhungen des Kaufpreises und sämtliche nachträgliche Veräußerungskosten seien durch außerbilanzielle Korrekturen im Jahre 2006 zu erfassen, der Veräußerungsgewinn sodann gem. § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG zu kürzen und bleibe im Übrigen nach § 8b Abs. 2 (i.V.m. § 15 Satz 1 Nr. 2) KStG insgesamt steuerfrei. Im Streitjahr 2007 sei der Gewinn aus der Organ-GmbH dementsprechend um den in diesem Jahr erzielten Veräußerungsgewinn, vermindert um die Veräußerungskosten, außerbilanziell zu kürzen.
Ersterem entsprach das FA bei den gesonderten und einheitlichen Feststellungen, Letzteres lehnte es hingegen unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 13.3.2008 (BStBl I 2008, 506) ab.
Die anschließende Klage, mit der die Klägerin in erster Linie begehrte, für 2007 das Einkommen und die Einkünfte der Organ-GmbH ohne weiteren Veräußerungserlös und ohne weitere Berücksichtigung von Veräußerungskosten festzustellen, hatte Erfolg; das FG gab ihr – unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 22.12.2010, I R 58/10 (BFH/NV 2011, 711, BFH/PR 2011, 181, BFHE 232, 185) – statt (FG Köln, Urteil vom 8.5.2013, 9 K 1272/10, Haufe-Index 5162923, EFG 2013, 1690).
Entscheidung
Der BFH hat das FG bestätigt: Der Veräußerungsgewinn i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG sei stichtagsbezogen zu ermitteln. Gleichermaßen werde der VZ verschoben, in welchem die veränderten Positionen erfolgswirksam zu erfassen seien.
Hinweis
1. Durch sein Urteil vom 22.12.2010, I R 58/10 (BFH/NV 2011, 711, BFH/PR 2011, 181, BFHE 232, 185) hatte der BFH bereits entschieden, dass die Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG stichtagsbezogen auf den Veräußerungszeitpunkt erfolgt. Eine nachträgliche Wertveränderung der Kaufpreisforderung aus einem Anteilsverkauf wegen Uneinbringlichkeit wirkt deswegen gewinnmindernd auf den Veräußerungszeitpunkt zurück. Verfahrensrechtlich gelingt das mittels § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO.
Zu alledem sei auf die Praxis-Hinweise, die in BFH/PR 2011, 181 gegeben wurden, verwiesen.
2. Daran knüpft der BFH nun an. Er klärt in diesem Zusammenhang eine wichtige Folgefrage:
a) |
Wird in der beschriebenen Weise lediglich der Veräußerungsgewinn rückwirkend stichtagsbezogen "justiert"? Oder ist das alles auch auf die Ermittlung des daraus zu ermittelnden Steuerbilanzgewinns beachtlich? Verschiebt die steuerspezifische Rückbeziehung vielmehr gleichermaßen den VZ, in welchem die veränderten Positionen erfolgswirksam zu erfassen sind? M. a. W.: Handelt es sich um eine "Rundum-Korrektur"? |
b) |
Der BFH hat Letzteres klar bejaht. Daraus ergibt sich: |
Nachträgliche Veränderungen des Veräußerungsgewinns schlagen rückwirkend und stichtagsbezogen auf den Umfang der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG durch. Der Gewinn ist in dem veränderten Umfang und unter Beachtung der sog. Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 3 Satz 1 KStGim Veräußerungs-VZ außerbilanziell ...