Dipl.-Finanzwirt Bernhard Paus
Leitsatz
Wird ein Veräußerungsgewinn vom Finanzamt nachträglich einem anderen Kalenderjahr zugeordnet, fallen im Regelfall sowohl Erstattungszinsen (für das frühere Jahr) als auch Nachzahlungszinsen (für das Jahr, dem der Gewinn endgültig zugerechnet wurde) an. Nach Auffassung des FG steht dem Steuerpflichtigen ein Anspruch auf teilweisen Erlass der Nachzahlungszinsen zu, soweit diese die Erstattungszinsen übersteigen und dem Steuerpflichtigen kein Stundungsvorteil in Folge einer verspäteten Steuerzahlung erwachsen ist.
Sachverhalt
Das FA hatte einen Veräußerungsgewinn zuerst bei der Veranlagung 1988 erfasst, ordnete diesen jedoch später dem Jahr 1990 zu. Es hielt nur einen Teilerlass der wegen der Steuernachzahlung 1990 festgesetzten Nachzahlungszinsen für geboten.
Entscheidung
Das FG billigte dem Kläger insoweit einen Anspruch auf einen weitergehenden Erlass der Nachzahlungszinsen zu, als ihm kein Zinsvorteil wegen einer verspäteten Steuerzahlung entstanden war. Dabei berücksichtigte es, dass der Kläger die Steuer auf den Veräußerungsgewinn insoweit zum größten Teil bereits bezahlt hatte, als sie mit dem erstmaligen ESt-Bescheid für 1988 festgesetzt worden war. Es widerspreche dem Sinn der gesetzlichen Regelung, Nachzahlungszinsen in Fällen zu erheben, in denen dem Steuerpflichtigen keine Liquiditätsvorteile erwachsen seien. Die vom BFH für den Bereich der Umsatzsteuer für den Fall einer abweichenden Zuordnung von Umsätzen entwickelten Rechtsgrundsätze müssten sinngemäß auf die Fälle der abweichenden Zurechnung einkommensteuerpflichtiger Gewinne übertragen werden.
Hinweis
Da das FG die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen und das FA tatsächlich Revision eingelegt hat, wird erst der BFH, bei dem ohnehin bereits ähnliche Fälle anhängig sind (vgl. den Zulassungsbeschluss vom 27.1.2004, BFH/NV 2004 S. 609), abschließend über diese Rechtsfragen entscheiden. Bis dahin ist zu empfehlen, in entsprechenden Fällen gegen Zinsbescheide des Finanzamts Einspruch einzulegen, wenn im Ergebnis (nach Verrechnung mit Erstattungszinsen) eine Zinszahlung gefordert wird, ohne dass dem Steuerpflichtigen ein rechnerischer Zinsvorteil erwachsen konnte. Im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Verfahren sollte aus Gründen der Kostenersparnis Ruhen des Verfahrens bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage beantragt werden.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 18.05.2004, 15 K 537/01