Leitsatz
* Der erforderliche Nämlichkeitsnachweis, dass die ausgeführte Ware in ein Drittland eingeführt worden ist, kann ausnahmsweise nicht fristgebunden mit allen geeigneten Beweismitteln geführt werden, wenn eine Ware fristgerecht das geografische Gebiet der Gemeinschaft verlassen hat, dann jedoch noch einmal in dieses – ohne in den freien Verkehr zu gelangen – vorübergehend zurückgekehrt ist.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
Art. 3 Abs. 1 und 6 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 4 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 18 Abs. 1 und 3 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 26 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 32 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 33 Abs. 1 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 , Art. 47 Abs. 2 Verordnung (EWG) Nr. 3665/87
Sachverhalt
Ein Exporteur ließ Fleisch zur Ausfuhr nach Ägypten abfertigen und wollte dafür Ausfuhrerstattung in Anspruch nehmen. Dementsprechend gab er eine Ausfuhranmeldung ab. Das Fleisch verließ fristgerecht die Gemeinschaft.
Es wurde jedoch von den ägyptischen Behörden zurückgewiesen. Deshalb ließ es der Exporteur in den Freihafen Hamburg zurückbringen, packte es dort teilweise um und versuchte erneut, es nach Ägypten einzuführen, diesmal erfolgreich. Das HZA versagte ihm jedoch Ausfuhrerstattung mit der Begründung, es könne nicht aufgrund einer ununterbrochenen Zollkontrolle und entsprechende amtliche Papiere nachgewiesen werden, dass das nach Ägypten eingeführte Fleisch dasselbe sei wie dasjenige, das ursprünglich aus der Gemeinschaft ausgeführt worden war.
Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab.
Entscheidung
Der BFH hat die Sache an das FG zurückverwiesen, damit dieses mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Sachaufklärung prüfe, ob sich die Nämlichkeit von ausgeführter und in Ägypten eingeführter Ware feststellen lasse. Nur diese sei Voraussetzung für den Erstattungsanspruch. In diesem Fall gelten auch die sonst für die Vorlage entsprechenden Nachweise im Gemeinschaftsrecht festgelegten Fristen im Hinblick auf die für den zusätzlichen Nämlichkeitsnachweis beizubringenden Beweismittel nicht.
Hinweis
Der Anspruch auf Ausfuhrerstattung ist grundsätzlich von der genauen Beachtung der im Gemeinschaftsrecht festgelegten Prozeduren abhängig, für die sich das Gemeinschaftsrecht überwiegend der Instrumente des Zollrechts bedient. Das Ausfuhrerstattungsrecht ist in hohem Maß förmliches und prozedurales Recht. Mit der Erreichung des materialen Ziels der Ausfuhrerstattung – Entlastung des Binnenmarkts von bestimmten landwirtschaftlichen Produkten und die Präsenz der Gemeinschaft auf dem Weltmarkt als Anbieter solcher Produkte – ist diese grundsätzlich noch nicht verdient, ebenso wenig wie der sog. Wirtschaftszollgedanken geeignet ist, von der Beachtung zollrechtlicher Verfahrensvorschriften zu suspendieren und die bei deren Missachtung vorgesehenen (nachteiligen) Rechtsfolgen als mit dem Wirtschaftszollgedanken unvereinbare "Sanktionen" erscheinen zu lassen.
Für außergewöhnliche Konstellationen stellt das Gemeinschaftsrecht freilich nicht immer ein geeignetes Verwaltungsverfahren zur Verfügung. Gleichwohl hat der BFH in einem solchen Fall einen Erstattungsanspruch für möglich gehalten, wenn nur die wesentlichen materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nur mit irgendwelchen Beweismitteln festgestellt werden können.
Beachten Sie jedoch, dass es hierbei um außergewöhnliche Ausnahmefälle geht. Grundsätzlich erlaubt das Erstattungsrecht einen Beweis nur im Weg der im einschlägigen Gemeinschaftsrecht genau geregelten Verwaltungsverfahren und mittels der dabei erstellten zollamtlichen Unterlagen bzw. sonstiger dort genau definierter kaufmännischer Papiere, insbesondere den bei der Beförderung der Ware angefallenen Frachtbriefen und dergleichen ("Beförderungspapiere"). Für eine Beweiserhebung etwa durch Zeugenvernehmung oder Vorlage sonstiger Urkunden ist deshalb im Allgemeinen kein Raum.
Materielle Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs ist insbesondere, dass die betreffende Ware innerhalb bestimmter Frist das geografische Gebiet der Gemeinschaft verlässt und bei differenzierten Erstattungssätzen, dass dieselbe Ware in ein bestimmtes Drittland bzw. eines der insoweit zugelassenen Drittländer eingeführt wird (wobei auch hierfür eine Frist gesetzt ist). Es genügt also nicht etwa, dass eine Ware der betreffenden Art in das Drittland gelangt ist (Nämlichkeitsnachweis). Hingegen soll es nach neuerer Rechtsprechung insbesondere des BFH bei einheitlichen Erstattungssätzen grundsätzlich nur auf den Nachweis ankommen, dass die Ware fristgerecht die Gemeinschaft verlassen hat.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 30.7.2003, VII R 6/02