OFD Berlin, Verfügung v. 17.12.1999, St 442 - S 2253 a - 1/89
Zu aufgetretenen Zweifelsfragen ergehen nachstehende, mit der Senatsverwaltung für Finanzen abgestimmte Regelungen:
1. Bauherreneigenschaft bei geschlossenen Immobilienfonds/Leistungsabwählbarkeit
Bei einer Bauherrengemeinschaft gehört es zu den für die Bauherreneigenschaft erforderlichen Einflussnahmemöglichkeiten, von den Modellinitiatoren angebotene Dienstleistungen „abwählen” zu dürfen. Auch bei einer Erwerbergemeinschaft ist die Abwahlmöglichkeit Voraussetzung, bestimmte Aufwendungen als Werbungskosten sofort abziehen zu können (Tz. 3.3. e des Bauherren-Erlasses – BMF-Schreiben vom 31.8.1990, IV B 3 – S 2253 a – 49/90, BStBl 1990 I S. 366).
Im Fall eines geschlossenen Immobilienfonds muss die Gesellschaft als solche die vorgenannte Abwahlmöglichkeit haben, um Bauherr im Sinne der Tz. 6 des Bauherren-Erlasses sein zu können. Aus dem für den Fall der Erwerbereigenschaft der Fondsgesellschaft dort gegebenen Hinweis auf die Tzn. 3 und 7.1 des Erlasses folgt nicht, dass jeder einzelne beigetretene Gesellschafter die Abwahlmöglichkeit haben und deshalb stets erst eine Gesellschafterversammlung über die Annahme der angebotenen Dienstleistungen beschließen müsse. Nichts anderes gilt, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag eine Gesellschafterversammlung über Verträge beschließen muss, dies aber unterblieben ist.
Weil nach Tz. 5 des Bauherren-Erlasses auf der Ebene der Gesellschaft zu entscheiden ist, ob von der Gesellschaft getragene Aufwendungen Herstellungskosten, Anschaffungskosten oder Werbungskosten sind, reicht es für die Annahme der Bauherreneigenschaft bei Vorliegen der in Tz. 6 Satz 1 bis 3 des Bauherren-Erlasses und Nr. 1 des Erlasses FinBeh Berlin vom 7.10.1992, III B – S 2253 a – 2/89/III B – S 1974 b – 7/89 genannten übrigen Voraussetzungen ebenso aus wie bei Erwerbereigenschaft für die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten, wenn die Gesellschaft – zunächst nur aus den Gründungsgesellschaftern bestehend – die Abwahlmöglichkeit hat(te). Die Gesellschaft hat mit einer erst nach ihrer Gründung durch einen ihrer Gesellschafter erfolgten Entwicklung des konkreten Vertragswerks (bei Bauherrenfonds) bzw. einem nach Gründung erfolgten Abschluss der Verträge (bei Erwerberfonds) ihre Wahl ausgeübt. Für die Anerkennung der Bauherreneigenschaft eines geschlossenen Immobilienfonds kommt es auch nicht darauf an, ob die Anleger der Gesellschaft vor, während oder erst nach der Herstellung des Bauobjekts beigetreten sind. Auf der Gesellschaftsebene sofort abzugsfähige Aufwendungen können jedoch nach den Grundsätzen für die sog. „Abschichtung” beim später Beigetretenen Anschaffungskosten sein (vgl. nachstehende Nr. 2).
2. Einkünftezurechnung bei Gesellschafter-Beitritt und -Wechsel
Gesellschafter-Beitritt:
Die Einkünftezurechnung – sog. Abschichtung – ist nach den Grundsätzen der Tz. 7.7 des Bauherren-Erlasses und Nr. 15 der Rundverfügung Nr. 125/1992 – ESt-Nr. 211 (OFD Berlin vom 27.10.1992, St 442 – S 2253 a – 1/89, StEK EStG § 21 Nr. 246) vorzunehmen. Sie kann zeitgenau nach den Beitrittsdaten vorgenommen werden, wenn die nach Nr. 15 der Rundverfügung Nr. 125/1992, a.a.O., grundsätzlich zulässige Zusammenfassung von jeweils zwei Kalendermonaten im betreffenden Steuerfall nicht verwaltungsökonomisch ist und die Gesellschaft dem zustimmt.
Als für die Zurechnung maßgeblicher Zeitpunkt ist grundsätzlich der Beitritt anzusehen, sobald er rechtswirksam geworden ist (erforderlichenfalls nach Annahme durch die Gesellschaft). An einem (rechtzeitigen) Beitritt am Ende eines Jahres können allerdings ernstliche Zweifel bestehen, wenn in dem betreffenden Jahr der Gesellschaft nicht nachweislich auch die Gesellschaftereinlage zugeflossen ist. Nach den Umständen des Einzelfalls kann ein tatsächlicher Beitritt erst für das Jahr der Einlageleistung anzunehmen sein (vgl. nachstehende Nr. 4 c).
Der später beigetretene Gesellschafter hat hinsichtlich der vor seinem Beitritt entstandenen Aufwendungen (ggf. auch Werbungskosten der früher Beigetretenen) Anschaffungskosten, soweit sein Kapitalkonto mit diesen Aufwendungen belastet wird. Während bei den Altgesellschaftern die Art und Zurechnung der Kosten trotz ihrer „Weitergabe” unverändert bleibt, erhöht der Übernahmebetrag beim später Beigetretenen die Anschaffungskosten des Grund und Bodens und anteilig die Bemessungsgrundlage für die ihm ab Beitritt zuzurechnende Gebäude-AfA. Soweit er aufgrund einer zu Beginn des Beitrittsjahrs getroffenen gesellschaftsvertraglichen Regelung die nach seinem Beitritt entstandenen Aufwendungen erhöht trägt, kann er Werbungskosten haben.
An der vor seinem Beitritt zeitanteilig entstandenen AfA kann der später Beigetretene nicht teilnehmen. Ebenso kann er an Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz, welche die – gem. § 1 FördG selbst anspruchsberechtigte – Gesellschaft für vergangene Feststellungszeiträume in Anspruch genommen hat, nicht teilnehmen. Hingegen können ab dem Beitrittsjahr die bis dah...