Prof. Dr. rer. pol. Claudia Rademacher-Gottwald
Leitsatz
Bei der Wiederbegründung einer doppelten Haushaltsführung, die auf Grund von Erziehungsurlaub für 14 Monate unterbrochen worden war, beginnt die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG neu zu laufen. Den Arbeitnehmern steht der Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen für diesen Zeitraum erneut zu.
Sachverhalt
Vor der Geburt ihres Kindes befand sich die Klägerin in Berufsausbildung und hatte am Beschäftigungsort eine Unterkunft. Die notwendigen Mehraufwendungen für die doppelte Haushaltsführung waren unstreitig als Werbungskosten abzugsfähig. Die Geburt des Kindes und die Inanspruchnahme von Mutterschutz und Erziehungsurlaub führten zur Unterbrechung der doppelten Haushaltsführung für 14 Monate und zur Aufgabe der Wohnung am Beschäftigungsort. Danach setzte die Klägerin ihre Berufsausbildung fort und mietete am Beschäftigungsort eine neue Wohnung an. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie für die ersten drei Monate Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt lehnte den Werbungskostenabzug ab mit der Begründung, die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG beginne nur dann neu zu laufen, wenn die Klägerin zwischenzeitlich an einem anderen Ort beschäftigt gewesen und erst später wieder an den ursprünglichen Beschäftigungsort zurückgegangen sei. Die Fortsetzung der Beruftätigkeit am bisherigen Ort führe dagegen nicht zum Neubeginn der Dreimonatsfrist.
Entscheidung
Das FG folgt der Auffassung des Finanzamts nicht und bejaht den Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen, da eine steuerlich erhebliche Unterbrechung der Auswärtstätigkeit vorläge. Entscheidend sei, dass die Klägerin ihre Wohnung am Beschäftigungsort aufgegeben und während der Zeit des Erziehungsurlaubs keine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erfüllen hätte. Darüber hinaus hätte die Klägerin nach Rückkehr aus dem Erziehungsurlaub keinen Anspruch darauf, an ihrem alten Arbeitplatz eingesetzt zu werden, und könnte zum Ende des Erziehungsurlaubs ein Sonderkündigungsrecht geltend machen. Im Ergebnis stellte sich die Fortsetzung der Berufstätigkeit nach Ablauf des Erziehungsurlaubs als Neubeginn dar, so dass die Dreimonatsfrist des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG erneut beginne.
Hinweis
Das Urteil ist rechtskräftig. Bei der Unterbrechung einer beruflichen Auswärtstätigkeit und der damit verbundenen Aufgabe der Unterkunft am Beschäftigungsort kann der Arbeitnehmer nach Wiederaufnahme der Tätigkeit erneut die Verpflegungsmehraufwendungen für drei Monate im Rahmen der doppelten Haushaltsführung geltend machen. Die betroffenen Arbeitnehmer sollten in ihrer Einkommensteuererklärung auf das Urteil des Hessischen FG verweisen und den Werbungskostenabzug beantragen bzw. gegen die Ablehnung des Werbungskostenabzugs Rechtsbehelf einlegen.
Link zur Entscheidung
Hessisches FG, Urteil vom 20.02.2005, 1 K 882/02