Leitsatz
1. Fremdfinanzierte Anschaffungen führen zu neuem Betriebsvermögen i.S.d. § 8 Abs. 4 S. 2 KStG 1996 n.F.
2. Der Verlust der wirtschaftlichen Identität einer GmbH gem. § 8 Abs. 4 S. 2 KStG 1996 n.F. setzt voraus, dass zwischen der Übertragung der Gesellschaftsanteile und der Zuführung neuen Betriebsvermögens ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht. Erwirbt die Gesellschaft noch im Jahr der Anteilsübertragung überwiegend neues Betriebsvermögen, ist aufgrund des engen zeitlichen auch der erforderliche sachliche Zusammenhang widerlegbar zu vermuten (Anschluss an Senatsurteile vom 14.03.2006, I R 8/05, BFH/NV 2006, 1419, BFH/PR 2006, 310; vom 26.05.2004, I R 112/03, BFH/NV 2004, 1735, BFH/PR 2005, 16 sowie Senatsbeschluss vom 15.12.2004, I B 115/04, BFH/NV 2005, 794, BFH/PR 2005, 177).
Normenkette
§ 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F.
Sachverhalt
Im März 1998 wurden sämtliche Anteile an einer GmbH veräußert. Im weiteren Verlauf des Jahrs 1998 schaffte die GmbH u.a. einen Pkw an. Die Anschaffungskosten betrugen 43 965 DM und wurden vollständig fremdfinanziert. In der Bilanz der GmbH zum 31.12.1997 waren im Anlagevermögen Wirtschaftsgüter mit einem Buchwert von 600 DM sowie im Umlaufvermögen solche mit einem Buchwert von 14 513 DM enthalten. Die Bilanz zum 31.12.1998 wies unter Berücksichtigung von Abschreibungen im Anlagevermögen Wirtschaftsgüter mit einem Buchwert von 42 229 DM und im Umlaufvermögen solche mit einem Buchwert von 25 208 DM aus.
Das FA versagte unter Verweis auf § 8 Abs. 4 KStG 1996 n.F. die Berücksichtigung des zum 31.12.1997 festgestellten verbleibenden Verlustabzugs. Die hiergegen erhobene Klage wies das FG ab (FG Berlin, Urteil vom 21.03.2005, 8 K 8302/01, Haufe-Index 1485662).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Er blieb dabei seiner seit geraumer Zeit judizierten strengen Linie treu, wonach das Tatbestandsmerkmal der Zuführung überwiegend neuen Betriebsvermögens in § 8 Abs. 4 KStG bereits eingreife, wenn sich das Betriebsvermögen "gegenständlich" ändert. Darauf, ob die Neuanschaffungen eigen- oder fremdfinanziert werden, kommt es nicht an. Einzelheiten ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
1. In letzter Zeit häufen sich die Entscheidungen des BFH zu der sog. Mantelkaufregelung und hierbei zu der (bisherigen) Verlustabzugs-Ausschlussregelung des § 8 Abs. 4 KStG a.F. S. z.B. BFH-Urteile vom 05.06.2007, I R 106/05 (BFH/NV 2007, 2200, BFH/PR 2007, 460); I R 9/06 (BFH/NV 2008, 166, BFH/PR 2008, 18); vom 28.05.2008, I R 87/07 (in diesem Heft, S. 512). Die in Rede stehenden Aktenzeichen weisen zumeist ein älteres Eingangsdatum auf. Grund dafür ist der Umstand, dass diese Verfahren oftmals einige Jahre von Amts wegen ausgesetzt oder auf Antrag der Beteiligten ruhten: Man wartete die Entscheidungen des BVerfG über die Vorlage des BFH vom 18.07.2001, I R 38/99 (BFH/NV 2002, 148, BFH/PR 2002, 77) ab, in dem zu klären war, ob § 8 Abs. 4 KStG in der seinerzeitigen Neufassung ab 1997 formell wirksam zustande gekommen war.
Nachdem das BVerfG im Ergebnis zulasten der Steuerpflichtigen entschieden hat (s. BVerfG, Beschluss vom 15.01.2008, 2 BvL 12/01, BFH/PR 2008, 232), war der Aussetzungs- oder Ruhensgrund entfallen; der BFH ist nunmehr zur Entscheidung aufgerufen.
2.§ 8 Abs. 4 KStG wurde zwischenzeitlich zwar von § 8c KStG n.F. abgelöst (durch das JStG 2008 und mit Wirkung vom 01.01.2008 an). Die Altregelung des § 8 Abs. 4 KStG wirkt aber noch eine Weile fort. Die Übergangszeit betrifft alle Sachverhalte, in denen noch in 2007 Anteile übertragen wurden und in dem im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang dazu in der Folgezeit neues Betriebsvermögen zugeführt wird.
3. Nach dem Regelbeispiel des § 8 Abs. 4 S. 2 KStG fehlt einer Kapitalgesellschaft die wirtschaftliche Identität, wenn (1.) bezogen auf das gezeichnete Kapital mehr als die Hälfte der Geschäftsanteile übertragen werden, (2.) überwiegend neues Betriebsvermögen zugeführt und (3.) der Geschäftsbetrieb mit diesem neuen Betriebsvermögen fortgeführt oder wieder aufgenommen wird.
Nur um das 2. dieser Merkmale ging es (einmal mehr) im aktuellen Urteilsfall. Nach der Rechtsprechung des BFH (s. zuletzt BFH, Urteile vom 05.06.2007, I R 106/05, BFH/NV 2007, 2200, BFH/PR 2007, 460; vom 05.06.2007, I R 9/06, BFH/NV 2008, 166, BFH/PR 2008, 18) muss die Betriebsvermögensneuzuführung den Bestand des vor der Zuführung vorhandenen Restaktivvermögens übersteigen, wobei es auf die gegenständliche Zuführung ankommen soll, nicht darauf, ob das neue Aktivvermögen (Anlagevermögen) unter Verrechnung von Zugängen und Abgängen im betragsmäßigen Saldo höher als das ursprüngliche Aktivvermögen ist.
Die Finanzverwaltung wendet diese zwischenzeitlich ständige und gefestigte Rechtsprechung bislang nach wie vor nicht an (vgl. BMF, Schreiben vom 17.06.2002, BStBl I 2002, 629). Eine Ausnahme macht sie insofern nur, wenn die Zuführung des Betriebsvermögens mit einem Branchenwechsel einhergeht. Ansonsten wird eine saldierende (wirtschaftliche) Betrachtungsweise befürwo...