rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus sog. „Strohmanngeschäften”
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der AdV gemäß § 69 FGO.
- Zum Begriff des Unternehmers nach § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG.
- Wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist, ergibt sich regelmäßig aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen. Leistender kann auch ein „Strohmann” sein.
- Schrottlieferungen eines sog. „Strohmanns” berechtigen den Abnehmer zum Vorsteuerabzug, sofern dieser die Strohmanneigenschaft des Leistenden nicht erkennen konnte und musste.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1; FGO § 69
Tatbestand
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus Rechnungen des F.
Der Antragsteller betreibt seit 1996 ein Reise- und Handelsgewerbe mit Schrott. Seit Mitte des Jahres 2007 bestehen Geschäftsbeziehungen zu F.
In den streitbefangenen Rechnungen wird über Schrottlieferungen an den Antragsteller abgerechnet. Als leistender Unternehmer ist „F., Schrott & Metallhandel, mit vollständiger Anschrift und Steuernummer” benannt. Dieser hat auf den Rechnungen quittiert, den jeweiligen Rechnungsbetrag erhalten zu haben.
Der Antragsgegner versagt den Vorsteuerabzug mit der Begründung, dass F. kein Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG sei. Dies sei für den Antragsteller zu erkennen gewesen. Er (Antragsteller) hätte auch wissen müssen, dass die in den Rechnungen bescheinigten Beträge in einen Umsatzsteuerbetrug einbezogen seien.
Der Antragsteller sei bereits seit Jahren im Schrotthandel tätig. Vor diesem Hintergrund könne ihm nicht verborgen geblieben sein, dass F. von Schrotthändlern als „Schreiber” ausgenutzt worden sei.
Der Antragsgegner folgert dies aus folgenden - im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ermittelten - Umständen: F. verfüge über kein typisch ausgestattetes Büro und keinen üblicherweise erforderlichen Zwischenlagerplatz. Stattdessen betreibe F. sein Unternehmen von seiner Wohnung aus. Dort sei zwar ein Schreibtisch, aber keine Computertechnik vorhanden gewesen. F. verfüge über kein eigenes Fahrzeug, um die Altmetalle zu transportieren, lediglich in der Zeit vom 02.03.2010 bis 27.04.2010 sei ein 18 Jahre alter Lkw auf ihn zugelassen worden. Nach außen hin sei F. nicht werbend aufgetreten. Er verfüge über keinen Festnetzanschluss und sei auch im Telefonbuch oder in den „Gelben-Seiten” nicht eingetragen.
Nach den Feststellungen der Steuerfahndung soll F. innerhalb von 14 Monaten bei verschiedenen Recyclingunternehmen Ablieferungen von etwa 4,15 Mio Euro getätigt haben. F. habe bei den Vernehmungen keine glaubhaften Angaben zur Herkunft der Materialien, deren Unterschiede und den Preisen machen können. In einem aufgefundenen Schreiben habe er gestanden, von Personen aus X. nur als „Schreiber” benutzt worden zu sein. Dies decke sich mit den beschlagnahmten handschriftlichen Kalenderaufzeichnungen von F. Danach sei dieser regelmäßig von einer bestimmten Person (S.) abgeholt, auf einem entsprechenden Schrottfahrzeug mitgefahren zu dem Schrotthof des Antragstellers, wo er dann die Rechnung unterschrieben und den Schreiberlohn erhalten habe.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den F.-Rechnungen. Er trägt vor, alles ihm Zumutbare getan zu haben, um die Unternehmereigenschaft des Lieferanten F. zu überprüfen. So habe er sich von F. die Gewerbeanmeldung und die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts M. vorlegen lassen. Während der Geschäftsbeziehung seien Bescheinigungen von F. vorgelegt worden, wonach dieser mit der laufenden Umsatzsteuer in Rückstand sei. Hieraus habe er (Antragsteller) den Schluss gezogen, dass F. die Umsätze ordnungsgemäß angemeldet habe.
Er sei nicht verpflichtet gewesen, zu prüfen, woher sein Lieferant (F.) die Ware bezogen habe. Gerade im Bereich des Schrotthandels gehörten die Bezugsquellen zu den wichtigsten Betriebsgeheimnissen. Bei allen Lieferungen seien die jeweiligen Lieferanten zugegen gewesen. Die Auszahlungen seien nur an diese persönlich erfolgt. Art und Menge der gelieferten Ware hätten auch keinen Anlass zu Zweifeln an der Identität von Lieferer und Rechnungsaussteller ergeben. Die bei den Anlieferungen zusätzlich anwesenden Personen, insbesondere Fahrer, hätten nicht den Eindruck erweckt, die in Wahrheit handelnden Personen (Lieferanten) zu sein.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist begründet.
1. Die Aussetzung der Vollziehung soll gemäß § 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz FGO erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes sprechende Gründe z...