rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zumutbarkeit eines Benennungsverlangens
Leitsatz (redaktionell)
- Zu den Voraussetzungen der AdV gemäß § 69 FGO.
- Das Benennungsverlangen steht im besonderen Maße unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit.
- Nur in Ausnahmefällen, in denen die sog. Ermittlung des Empfängers auf nicht oder kaum zu bewältigende tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten stößt, ist dem Stpfl. eine Benennung billigerweise nicht zuzumuten.
- Fälle, in denen die Ermittlung des Empfängers auf erhebliche tatsächliche/rechtliche Schwierigkeiten stoßen kann, sind vor allem solche, in denen die Person, die das Geld entgegennimmt, und die, für welche es bestimmt ist, nicht identisch sind.
- Empfänger einer BA ist derjenige, der in den Genuss des in der BA enthaltenen wirtschaftlichen Wertes gelangt. Das ist regelmäßig derjenige, dem dieser Wert vom Stpfl. übertragen wurde.
- Ist erkennbar, dass diese Person den Wert für einen anderen entgegennimmt, so ist derjenige, für den entgegengenommen wird, als Empfänger anzusehen.
- Dem Stpfl. ist dann zuzumuten, sich über dessen Person Gewissheit zu verschaffen, um dem FA auf Befragen den Empfänger benennen zu können.
Normenkette
AO § 160
Streitjahr(e)
2003, 2004, 2005, 2006
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das FA unter Berufung auf § 160 AO den Betriebsausgabenabzug teilweise kürzen durfte.
Der Antragsteller betreibt einen Schrotthandel. Er erzielt daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er kauft von privaten und gewerblichen Anlieferern Schrott in unterschiedlichen Mengen an. Die angelieferten Schrottmengen werden sortiert, gewogen und jeweils vom Antragsteller bzw. seinen Mitarbeitern in Abrechnungen erfasst. Die Auszahlung erfolgt in bar. Der Antragsteller wies in seinen Bilanzen auf dem Konto "3200 - Wareneingang" folgende Beträge aus dem Ankauf von Schrott aus:
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
2.433.053 € |
4.376.557 € |
4.126.016 € |
5.949.352 € |
Nach einer Außen- und Fahndungsprüfung gelangte das FA zu der Ansicht, der Antragsteller habe bei einem Teil der Anlieferer nicht die zutreffenden Daten der Zahlungsempfänger in der Buchführung erfasst.
Einzelne in der Buchführung aufgelistete Zahlungsempfänger seien lediglich sogenannte "Schreiber", die quasi als Strohmänner benutzt worden bzw. auf deren Namen für andere im Schrotthandel gewerblich tätige Personen Anlieferungen erfolgt seien. Die Hintermänner seien in der Buchführung nicht erfasst worden. Der Antragsteller habe die Hintermänner auf die Aufforderung der Finanzbehörden gemäß § 160 der Abgabenordnung (AO) nicht benannt. Daher sei insoweit der Betriebsausgabenabzug um 50% zu kürzen. Dabei handelt es sich hinsichtlich der Großlieferanten um folgende Wareneingänge und die nachstehend aufgelisteten Kürzungen der Betriebsausgaben:
|
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
A |
|
|
|
552.316 € |
B |
|
|
|
347.791 € |
C |
|
|
|
92.446 € |
D |
72.337 € |
284.235 € |
|
|
Jahressummen |
72.337 € |
284.235 € |
|
992.553 € |
davon 50% |
36.169 € |
142.118 € |
|
496.276 € |
Kürzung (abgerundet) |
36.000 € |
142.000 € |
|
485.750 € |
Bei anderen Anlieferern (Kleinlieferanten) seien die Zahlungsempfänger entweder nicht ermittelbar oder durch die Ermittlungen bekannt geworden, dass diese die abgerechneten Schrottmengen weder eingesammelt noch bei dem Betrieb des Antragstellers angeliefert haben. Der Antragsteller habe die tatsächlichen Anlieferer auf die Aufforderung der Finanzbehörden gemäß § 160 der Abgabenordnung (AO) nicht benannt. Daher sei insoweit der Betriebsausgabenabzug um 30% zu kürzen. Dabei handelt es sich um folgende Wareneingänge und die nachstehend aufgelisteten Kürzungen der Betriebsausgaben:
|
2003 |
2004 |
2005 |
2006 |
E |
|
|
17.309 € |
|
F |
|
|
|
52.096 € |
G |
|
17.672 € |
|
|
H |
|
13.675 € |
|
|
I |
|
|
7.128 € |
|
J |
|
50.559 € |
|
|
Jahressummen |
|
81.907 € |
24.437 € |
52.096 € |
davon 30% |
|
24.572 € |
7.331 € |
15.629 € |
Kürzung (abgerundet) |
|
24.000 € |
7.000 € |
15.000 € |
Dagegen richtet sich nach überwiegend erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage in der Hauptsache. Das FA hat es abgelehnt, die Vollziehung der Bescheide auszusetzen. Dagegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Antragsteller behaupten, sie hätten nicht feststellen können, ob die jeweiligen Anlieferer nicht selbst die Empfänger der Leistungen gewesen seien. Sie - bzw. die durch sie bevollmächtigten Personen - seien jedenfalls als Leistungsempfänger aufgetreten. Es habe keinen Zweifel an der Identität der Geschäftspartner gegeben. Möglicherweise sei man schuldlos Opfer einer Täuschung geworden. Die evtl. Hintermänner seien unbekannt geblieben; in den Aussagen der vermeintlichen "Schreiber" sei sogar von Drohungen und Angst um Leib und Leben die Rede gewesen, falls man Hintermänner benennen würde. Im Übrigen sei die Versagung des Betriebsausgabenabzugs jedenfalls ermessensfehlerhaft.
Das FA behauptet, den Antragstellern sei bekannt gewesen, dass der Schrottmarkt stark umkämpft sei und unter alteingesessenen Ablieferfamilien aufgeteilt sei. Ein Zugang für neue Marktteilnehmer sei nahezu unmöglich. Gleichwohl habe man als "Insider" in Kenntnis dieser R...