Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungswidrigkeit der Erhebung höherer (zusätzlicher) Spielbankabgabe gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 Niedersächsisches Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 25. Juli 1973; Spielbankabgabe; Öffentliche Spielbank; Niedersächsisches Spielbankgesetz
Leitsatz (redaktionell)
- Gegen die Erhebung einer höheren (zusätzlichen) Spielbankabgabe gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 NdsSpielbG vom 25. Juli 1973 bestehen verfassungsrechtliche Bedenken.
- Die Bedenken gründen sich darauf, dass § 3 Abs. 1 Satz 2 NdsSpielbG gegen den im Rechtsstaatsprinzip verankerten Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung und gegen das Verbot von Steuereinbarungen verstößt.
Normenkette
SpielbkG ND § 3
Nachgehend
Tatbestand
A. Gegenstand der Vorlage
Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 3 Abs. 1 S. 2 Niedersächsisches Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 25. Juli 1973 - NSpielbG 1973 - (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1973 S. 253) im Hinblick auf die in dieser Bestimmung eröffnete Möglichkeit, über die § 3 Abs. 1 S. 1 NSpielbG 1973 geregelte Spielbankabgabe hinaus “höhere Leistungen” in einem Konzessionsvertrag festzulegen, mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), insbesondere mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung, vereinbar ist.
B. Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer seitens des beklagten Finanzamts - FA - gegen die Klägerin festgesetzten höheren (zusätzlichen) Spielbankabgabe. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.
Der Klägerin wurde 1975 eine Konzession zum Betrieb einer Spielbank in ### mit Zweigspielbetrieb in ### erteilt. In Ergänzung der Konzession wurde zwischen der Klägerin und dem Land Niedersachsen 1975 ein Konzessionsvertrag geschlossen, in dem weitere den Betrieb der Spielbank betreffende Einzelheiten festgelegt wurden. Nach § 3 Abs.1 Satz 1 NSpielbG 1973 hatte der Spielbankunternehmer an das Land eine Spielbankabgabe in Höhe von 80 v.H. der Bruttospielerträge zu entrichten. Nach Satz 2 der Vorschrift konnten höhere Leistungen in dem Konzessionsvertrag festgelegt werden. Hierzu enthielt § 2 Abs.3 des Konzessionsvertrags die Regelung, dass von dem 10 Mio. DM pro Jahr übersteigenden Bruttospielertrag zusätzliche Leistungen zu der Spielbankabgabe zu erbringen waren. Die Zusatzleistung war für einen Bruttospielertrag von über 10 Mio. DM mit 0,5 v.H. beziffert und erhöhte sich progressiv für jede weitere Mio. DM des Bruttospielertrags um jeweils 0,5 v.H. bis zu einem Satz von 7 v.H. bei einem über 23 Mio. DM liegenden Bruttospielertrag. Die Zusatzleistung war, sobald die genannten Sätze erreicht waren, innerhalb der ersten sechs Tage nach Ablauf des betreffenden Monats zu berechnen und an das zuständige FA zu überweisen. Nach Ablauf der Frist von 10 Jahren war der Niedersächsische Minister des Innern berechtigt, die v.H.-Sätze für den über 10 Mio. DM hinausgehenden Bruttospielertrag neu festzusetzen, wobei eine Erhöhung in den nächsten fünf Jahren die genannten Prozentsätze um maximal 1 v.H. übersteigen durfte. Nach § 4 Abs. 1 des Konzessionsvertrags war die Spielbankabgabe täglich abzurechnen und am nächsten Tag, an dem die Banken geöffnet waren, an das für die Spielbank bzw. für den Zweigbetrieb zuständige FA zu überweisen. Die Spielbankabgabe und die Abgaben aus dem Tronc waren gemäß § 4 Abs. 4 des Konzessionsvertrages öffentliche Abgaben. Im Falle der Durchführung eines Widerspruchs- oder Streitverfahrens über Art oder Höhe der Abgabe kam diesen Rechtsmitteln keine aufschiebende Wirkung zu. Soweit Abgaben aus einem von der Erlaubnisinhaberin zu vertretenden Grund nicht rechtzeitig erbracht wurden, war der Niedersächsische Minister des Innern berechtigt, die Öffnung des Betriebs bis zur Bewirkung der Leistung zu untersagen. Durch Erlass des Niedersächsischen Ministers des Innern vom 22. Dezember 1988 wurde die Höhe der Zusatzleistung rückwirkend ab 1. Januar 1988 um durchgehend 1 v.H. erhöht. Sie betrug nunmehr bei einem Bruttospielertrag von über 10 Mio. DM zusätzlich 1,5 v.H. und entsprechend der Staffelung im Konzessionsvertrag 1975 bei einem Bruttospielertrag über 23 Mio. DM nunmehr 8 v.H.
In der Folgezeit erfolgte die Zahlung der Zusatzleistungen an das FA aufgrund von Anmeldungen der Klägerin, in denen sie die Zusatzleistungen selbst berechnet hatte. Ende 1988 kam es zwischen der Klägerin und dem Land Niedersachsen zu Meinungsverschiedenheiten über die Wirksamkeit der im Konzessionsvertrag getroffenen Vereinbarung über die Zahlung von Zusatzleistungen zur Spielbankabgabe. Die Klägerin vertrat nunmehr die Auffassung, dass es an einer Rechtsgrundlage für die Zusatzleistungen und deren durch den Erlass des Niedersächsischen Ministers des Innern vom 22. Dezember 1988 angeordneten Erhöhung fehle. Dementsprechend teilte die Klägerin dem Niedersächsischen Minister des Innern unter Hinweis auf den ihrer Auffassung nach unwirksamen Konzessionsvertra...