rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Versteuerung von Internetumsätzen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen der Aussetzung der Vollziehung.
  2. Für die Unternehmereigenschaft kommt es nicht auf die Absicht an, Gewinn zu erzielen. Maßgeblich ist allein die Einnahmeerzielungsabsicht.
  3. Veräußert jemand im Internet selbstständig und nachhaltig eine Vielzahl von Büchern und Musik-CD's, betätigt er sich als Unternehmer.
 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2003, 2004, 2005, 2006, 2007

 

Tatbestand

Der Antragsteller war in den Streitjahren nichtselbständig tätig. Daneben übte er u. a. bis 2008 mit einem Computerhandel und Büroservice sowie von Januar 2003 bis Dezember 2004 mit einem Naturkostladen eine unternehmerische Tätigkeit aus. Den Büroservice betrieb er in dem von seiner Ehefrau im Jahr 1990 und von ihm im Jahr 1994 je zur Hälfte erworbenen Wohnhauses in L. Im März 2009 meldete er rückwirkend zum 1. Januar 2009 unter seiner Wohnungsanschrift einen Handel mit Büchern, CDs, Kunsthandwerk und Naturkostprodukten an.

Aufgrund eines an die im Internethandel tätige Firma Amazon gerichteten Auskunftsersuchens teilte diese dem Antragsgegner die von ihr für den Antragsteller seit dem 16. September 2003 registrierten Verkaufsgeschäfte (Site) und die Art der verkauften Gegenstände, sowie die aus den Verkäufen erzielten Umsätze, die von Amazon gezahlten Versandkostenzuschüsse (Ship Fee), die Gesamteinnahmen (Order Total) sowie die dem Antragsteller belasteten Gebühren (Seller Fee) und die ihm gutgeschriebenen Beträge (Profit) mit.

Site

Price

Subtotal

Ship Fee

Order Total

Seller Fees

Profit  

2003

74

728,90

728,90

222,00

950,90

296,14

654,76

2004

1248

9.829,56

9.829,56

3.744,00

13.573,56

3.533,87

10.039,69

2005

3032

20.811,97

20.811,97

9.111,00

29.922,97

7.123,35

22.799,62

2006

4413

23.165,06

23.171,85

13.260,79

36.419,06

9.131,62

27.297,23

2007

4487

20.029,50

20.033,39

13.488,94

33.514,45

8.677,80

24.846,59

Nach dem Inhalt der vom Antragsteller für das Jahr 2006 erstellten Verkaufsauflistungen verkaufte dieser überwiegend Romane und populärwissenschaftliche (Taschen-)Bücher sowie in geringem Umfang Musik-CDs und Filme. Bestimmte Titel verkaufte er mehrfach, so wie beispielsweise „Der Zauberberg” (3x), „Buddenbrooks” (4x), „Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins” (8x), „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” (14x), „Endlich Nichtraucher” (10x), „Der Vorleser” (8x), „Der Tod im Reisfeld” (8x), „Ich bin o.k., du bist o.k.” (8x). Wegen der Einzelheiten wird auf die Verkaufsübersichten von Amazon, die Auflistungen des Antragstellers für das Jahr 2006 und die Auswertung des Antragsgegners Bezug genommen. Durch den von Amazon gezahlten Versandkostenzuschuss in Höhe von 3 € je Verkauf ergab sich insbesondere bei Waren mit einem geringen Verkaufspreis nach Abzug der dem Verkäufer belasteten Gebühr eine den eigentlichen Verkaufspreis übersteigende Gutschrift, während bei einem über 10 € betragenden Verkaufspreis durch die höheren Gebühren die dem Antragsteller überwiesene Gutschrift in der Regel unter dem erzielten Verkaufspreis lag.

Auf der Grundlage der von Amazon mitgeteilten Gutschriftenbeträge änderte der Antragsgegner die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Streitjahre 2003 bis 2006 nach § 173 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) und setzte die Umsatzsteuer 2007 mit Erstbescheid entsprechend fest. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein, über den noch nicht entschieden ist. Auf einen vom Antragsteller hin gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung setzte der Antragsgegner die Umsatzsteuer 2003 in Höhe von 63,05 €, die Umsatzsteuer 2004 in Höhe von 890,80 €, die Umsatzsteuer 2005 in Höhe von 1.757,21 €, die Umsatzsteuer 2006 in Höhe von 2.000 € und die Umsatzsteuer 2007 in Höhe von 2.716,71 € von der Vollziehung aus. Den weitergehenden Antrag lehnte er ab. Einen weiteren Antrag aus Aussetzung der Vollziehung stellte der Antragsteller beim Antragsgegner nicht.

Der Antragsteller behauptet, er habe überwiegend Bücher- und Musiksammlungen aus dem privaten Bereich veräußert. Den Bücherbestand habe er über 35 Jahre als private Bücherei aufgebaut gehabt. Im Jahr 2003 habe er mit dem Verkauf über Amazon begonnen, weil er mit seinem Naturkostladen in finanzielle Schwierigkeiten geraten sei und Einnahmen habe erzielen müssen. Den Verkauf habe er in den Jahren 2004 und 2005 wegen der andauernden finanziellen Probleme fortgesetzt. Ab dem Jahr 2006 habe er sich zum Zukauf weiterer Bücher entschlossen, um mit dem Verkauf einen Teil der Hauskosten zu finanzieren. Die Umsätze der privaten Verkäufe lägen über den von ihm ermittelten Betriebseinnahmen, weil die privaten Bücher wertvoller gewesen seien und sich damit höhere Preise hätten erzielen lassen. Die Verkäufe habe er genau getrennt. Aus seiner Aufstellung über die im Jahr 2006 getätigten Verkäufe ergebe sich, welche Verkäufe dem Privatbereich und welche dem gewerblichen Bereich zuzuordnen seien. Die Umsätze aus dem Privatbereich seien nicht steuerpflichtig. Der dem Bereich der privat...

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