Entscheidungsstichwort (Thema)

Ernstlich zweifelhaft, ob ein stets defizitär betriebener Betrieb gewerblicher Art einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft allein durch Zuführung von Aktienkapital und Erwirtschaftung von Kapitalerträgen zu einem der Gewerbesteuer unterliegenden Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht wird

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Allein der Umstand, dass ein Betrieb gewerblicher Art i.S.d. § 4 Abs. 1 KStG gegeben ist (hier: Volkshochschule und Musikhochschule) führt nicht dazu, dass der Betrieb gewerbesteuerpflichtig ist. Für die Gewerbesteuer ist unabhängig von den Bestimmungen des KStG festzustellen, ob es sich bei den Betrieben gewerblicher Art um sog. stehende Gewerbebetriebe i.S.d. GewStG handelt.
  2. Für die Gewerbesteuerpflicht eines Betriebes gewerblicher Art muss die Gewinnerzielungsabsicht zu bejahen sein, weil das Vorliegen eines Gewerbebetriebs anhand des § 15 Abs. 2 EStG zu prüfen ist.
  3. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob ein stets defizitärer Betrieb gewerblicher Art einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft allein deshalb zu einem Betrieb mit Gewinnerzielungsabsicht wird, der der Gewerbesteuer unterliegt, weil durch Einlage von gewillkürtem Betriebsvermögen (Zuführung von Aktien, Kapital und Erwirtschaftung von Kapitalerträgen) Jahresüberschüsse erzielt wurden.
 

Normenkette

GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 2 Abs. 1 S. 1; EStG § 15 Abs. 2; KStG § 4 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1998

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Gewerbesteuerpflicht zweier Betriebe gewerblicher Art des Antragstellers.

Der Antragsteller betreibt seit Jahrzehnten eine Volkshochschule und eine Musikschule. Beide Einrichtungen erzielten keine Gewinne und waren stets abhängig von Zuschüssen. Für die Körperschaftsteuer wurden auf den 31. Dezember 19.. für die Volkshochschule ein verbleibender Verlustabzug i.H.v.…DM und für die Musikschule ein solcher i.H.v.…DM festgestellt.

Am…beschloss der…des Antragstellers, die Ertrags- und Vermögenslage dieser beiden Einrichtungen durch Einlage von Aktien der X AG, die sich im hoheitlichen Bereich des Antragstellers befanden, zu verbessern. Mit Wirkung vom 1. Januar 19.. legte somit der Antragsteller Aktien zum Gesamtwert von ... DM in das Betriebsvermögen der Volkshochschule und Aktien im Gesamtwert von…DM in das Betriebsvermögen der Musikschule ein. Im Jahre 19.. betrugen die Dividendenerträge bei der Volkshochschule ... DM und bei der Musikschule ... DM. Die Dividendenerträge führten zu Jahresüberschüssen bei beiden Einrichtungen.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass es sich bei der Volkshochschule und der Musikschule um Betriebe gewerblicher Art des Antragstellers handelt. Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Betriebe seit dem 1. Januar 19.. der Gewerbesteuer unterliegen, weil mit der Einlage von Aktien und der Erwirtschaftung von Dividendenerträgen und damit der Erzielung von Jahresüberschüssen eine Gewinnerzielungsabsicht zu bejahen sei. Er erließ unter dem…für den Betrieb gewerblichen Art der Musikschule und unter dem…für den Betrieb gewerblicher Art der Volkshochschule Bescheide über Gewerbesteuermessbeträge. Über die Einsprüche ist noch nicht entschieden.

Nachdem der Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat, sucht der Antragsteller bei Gericht um vorläufigen Rechtsschutz nach. Er ist der Auffassung, die Betriebe gewerblicher Art unterlägen nicht der Gewerbesteuer, weil die Volkshochschule und die Musikschule keine stehenden Gewerbebetriebe i.S.d. § 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) i.V.m. § 1, § 2 Abs. 1 Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) seinen. Neben anderen Voraussetzungen, die hier nicht streitig seien, setze die Annahme eines stehenden Gewerbebetriebes bei Betrieben gewerblicher Art eine Gewinnerzielungsabsicht voraus. Eine solche sei bei den hier in Rede stehenden Betrieben nicht gegeben. Nach wie vor arbeiteten die Volkshochschule und die Musikschule stark defizitär. Die Einlage von gewillkürtem Betriebsvermögen in Gestalt von Aktienvermögen und die Erwirtschaftung von Jahresüberschüssen allein durch Dividendenerträge vermöchten nicht zur Annahme einer Gewinnerzielungsabsicht zu führen. Mit den Dividendenerträgen würden im Wesentlichen die Defizite der Betriebe ausgeglichen. ....

Der Antragsteller beantragt,

die Vollziehung der Bescheide für 19.. über die Gewerbesteuermessbeträge vom…(Musikschule) und vom…(Volkshochschule) ab dem…bis einen Monat nach Zustellung der Einspruchsentscheidung in der Hauptsache auszusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Da die Betriebe gewerblicher Art durch die Einlage von Aktien Dividendenerträge erzielten und deshalb Jahresüberschüsse erwirtschafteten, sei die Gewinnerzielungsabsicht der Betriebe gewerblicher Art zu bejahen. Eine Kürzung der Gewerbeerträge gem. § 10 a GewStG um die Verluste aus den Vorjahren komme nicht in Betracht, denn erst im Streitjahr sei von dem Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht als eines der Merkmale für das ...

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