rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessausweisung eines Insolvenzverwalters wegen Berühmens eines Rechts auf Verfolgung der zur Masse zu ziehenden Forderung
Leitsatz (redaktionell)
- Die rechtzeitige Eintragung einer Sicherungshypothek auf dem Grundbesitz des Anfechtungsgegners hindert den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Hauptschuldners an einer Geltendmachung des Einzelanfechtungsanspruchs zugunsten der Masse. § 16 Abs. 2 AnfG ist auch in Fällen anwendbar, in denen das FA seinen im Wege eines Duldungsbescheids geltend gemachten Anfechtungsanspruch durch die Bestellung einer Sicherungshypothek am sonstigen Vermögen des Anfechtungsgegners absichert.
- Berühmt sich der Insolvenzverwalter des Hauptschuldners bei dieser Sachlage einer Prozessführungsbefugnis im Verfahren zwischen dem Adressaten des Duldungsbescheids und dem Finanzamt, ist er durch Beschluss aus dem Prozess zu weisen.
- Rechtsanwalt A als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B wird aus dem Prozess gewiesen.
Normenkette
AnfG § 16 Abs. 2
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheids.
B (im Folgenden: Vollstreckungsschuldner – VS) schuldete dem Land Niedersachsen Abgaben aus Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 2013 und 2014 im Umfang von rund xxx.000 Euro.
Wegen dieser Steuerschulden nahm das Finanzamt (im Folgenden: FA) Frau C (im Folgenden: Anfechtungsgegnerin – AG) mit Duldungsbescheid vom xx.xx.2017 in Anspruch. Angefochten wurden im Duldungsbescheid Zahlungen des VS auf ein Bankkonto der AG bei der Deutschen Bank in Höhe von zunächst xx.250 Euro als unentgeltliche Leistungen (§ 4 Anfechtungsgesetz – AnfG).
Während des Einspruchsverfahrens wurde der Umfang des Duldungsbescheids auf xx.300 Euro herabgesetzt. Wegen der übrigen Beträge ging das FA nunmehr davon aus, die vierjährige Anfechtungsfrist des § 4 Abs. 1 AnfG sei zum Zeitpunkt der Anfechtung bereits verstrichen gewesen.
Mit Einspruchsentscheidung vom xx.xx.2019 wies das FA den Einspruch gegen den Duldungsbescheid im Umfang von nun noch xx.300 Euro als unbegründet zurück. Die hiergegen vor dem Niedersächsischen Finanzgericht von der AG erhobene Klage (Aktenzeichen 15 K 202/19) ist noch anhängig.
Zur Sicherung des Anspruchs aus dem Duldungsbescheid beantragte das FA am xx.xx.2019 beim Amtsgericht Z die Eintragung einer Sicherungshypothek auf einem im Alleineigentum der AG stehenden Grundstück. Die Sicherungshypothek wurde am xx.xx.2019 ins Grundbuch eingetragen.
Über das Vermögen des VS wurde am xx.xx.2021 – während des hier anhängigen Klageverfahrens – das Insolvenzverfahren eröffnet (Aktenzeichen des Insolvenzgerichts Amtsgericht Z: …). Zum Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt A bestellt (im Folgenden: der Insolvenzverwalter).
Das Gerichtsverfahren 15 K 202/19 ist zunächst unverändert fortgeführt worden. Nachdem der Berichterstatter am 01.07.2022 infolge eigener Nachforschungen Kenntnis von der Insolvenz des VS erlangt hat, hat er schriftlich mit dem Insolvenzverwalter Kontakt aufgenommen, ihn über die vermeintliche Unterbrechung des Gerichtsverfahrens nach § 17 Abs. 1 Satz 1 AnfG in Kenntnis gesetzt und ihn dazu aufgefordert, sich darüber zu erklären, ob er das Verfahren gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 AnfG anstelle des FA aufnehmen wolle.
Nach Einsichtnahme in die Akten hat der Insolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 12.09.2022 die Aufnahme des Rechtsstreits anstelle des FA erklärt. Daraufhin ist das FA in den Gerichtsakten zunächst als Verfahrensbeteiligter ausgetragen und der Insolvenzverwalter als neuer Verfahrensbeteiligter erfasst worden. Der Insolvenzverwalter hat dabei die Rolle des Klägers eingenommen, die bisher als Klägerin auftretende AG hat die Rolle der Beklagten eingenommen.
Mit Schreiben vom 04.11.2022 hat der Berichterstatter den Insolvenzverwalter auf das zwischenzeitlich aufgefallene Vorhandensein der Sicherungshypothek hingewiesen sowie auf die sich daraus nach § 16 Abs. 2 AnfG nach seiner Auffassung ergebenden Konsequenzen für die Beteiligtenrollen im hiesigen Rechtsstreit. Dem Insolvenzverwalter ist Gelegenheit gegeben worden, entweder die Eintragung der Sicherungshypothek im Wege der Insolvenzanfechtung anzugreifen (§§ 16 Abs. 2 AnfG, 130 Insolvenzordnung - InsO) oder seine Erklärung über die Aufnahme des Rechtsstreits zurückzunehmen.
Der Insolvenzverwalter hält an seiner Aufnahmeerklärung fest. Nach seiner Auffassung betrifft der hiesige Rechtsstreit nicht die in § 16 Abs. 2 AnfG geregelte Konstellation, da es sich bei dem mit der Sicherungshypothek belasteten Vermögen nicht um solches des Insolvenzschuldners handele. Für den Insolvenzverwalter bestehe deshalb keine Möglichkeit, gegen die Eintragung der Sicherungshypothek vorzugehen. Im Unterschied zu dem vom Gericht herangezogenen Fall des Bundesgerichtshofs zum Aktenzeichen IX ZR 173/09 (Urteil vom 15.11.2012) habe die AG den Anfechtungsanspruch des FA vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht befriedigt. Die fehlende Vergleichbarkeit der...