Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Vorwegabzugs nach § 10 Abs. 3 Satz 2 EStG bei GmbH-Geschäftsführer mit zugesagter Altersversorgung
Leitsatz (redaktionell)
- Bei Zusage einer Altersversorgung gegenüber mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern erwirbt der einzelne sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung nur dann durch eine seiner Beteiligungsquote entsprechende Minderung seiner gesellschaftsrechtlichen Ansprüche, wenn der quotale Aufwand der GmbH für die Altersversorgung dieses Gesellschafter-Geschäftsführers bei typisierender Betrachtung und vorausschauender Berechnung dessen Beteiligungsquote entspricht oder niedriger ist.
- Die Ermittlung der Aufwandsquote ist periodenübergreifend vorzunehmen; der Vergleich mit der Beteiligungsquote veranlagungszeitraumbezogen.
- Beitragsleistung für die eigene Altersversorgung ist jede Minderung eines Vermögensanspruchs gegen eine Versorgungszusage.
- Die vorausschauende Berechnung zur Ermittlung, in welcher Höhe ein Verzicht auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche vorliegt, ist typisierend vorzunehmen und bedarf keiner konkreten Berechnung.
- Hat bei zwei GmbH-Gesellschaftern, von denen einer als Geschäftsführer agiert, nur der nicht geschäftsführend Tätige im Ergebnis seine Pensionszusage durch einen anteiligen Gehaltsverzicht vollständig selbst erwirtschaftet, so schmälern die Aufwendungen der GmbH für die Pensionszusage des geschäftsführenden Gesellschafters nicht nur dessen Gewinnanteil, sondern auch den Gewinnanteil des anderen. Eine Kürzung des Vorwegabzugs ist daher rechtmäßig.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 3, § 10c Abs. 3 Nr. 2
Streitjahr(e)
1999
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, in welcher Höhe der Beklagte (das Finanzamt – FA –) bei der Ermittlung der Sonderausgaben die Vorsorgeaufwendungen vorweg nach § 10 Abs. 3 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) kürzen durfte.
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger ist zu 76 v.H. als Gesellschafter an der J GmbH (GmbH) beteiligt. Weitere Gesellschafterin ist mit einer Beteiligung von 24 v.H. die Schwester des Klägers, D. Der Kläger ist zugleich Geschäftsführer der GmbH. Sein Bruttoarbeitslohn betrug im Streitjahr rund 260.000 DM. Die Klägerin und D sind bei der GmbH angestellt. Die Klägerin erzielte im Streitjahr einen Bruttoarbeitslohn von knapp 18.000 DM.
Die GmbH hat dem Kläger 1991 eine Pensionszusage erteilt, die 1995 ersetzt wurde. Daneben erteilte die GmbH dem Kläger 1997 eine weitere Versorgungszusage. Die Ablaufleistung beider Zusagen beträgt insgesamt 1.061.584 DM. Die Gesellschafterin D verzichtete im Dezember 1995 auf einen Teil der ihr vertraglich zugesagten Tantieme für 1996 i.H.v. 20.000 DM zugunsten einer Versorgungszusage. Diese Zusage wurde am 1. Dezember 1997 vereinbart. Weiterhin verzichtete D im Dezember 1997 auf einen Teil der Tantieme für 1998 i.H.v. ebenfalls 20.000 DM zugunsten einer weiteren Versorgungszusage. Diese wurde am 28. September 1999 vereinbart. Schließlich verzichtete die im Dezember 1998 auf einen Teil ihrer Tantieme für das Jahr 1999 i.H.v. 35.000 DM zugunsten einer dritten betrieblichen Altersversorgung. Die Ablaufleistung aller drei Pensionszusagen betragen nach der ursprünglichen Berechnung der Kläger 326.720 DM. Dieser Berechnung liegt hinsichtlich der dritten Pensionszusage eine Verzinsung mit 8 % zugrunde. Bei einer Verzinsung mit 6 % reduziert sich die Ablaufleistung auf insgesamt 303.762 DM.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 1999 machten die Kläger Sonderausgaben i.H.v. 23.915 DM geltend. Das FA kürzte die darin enthaltenen Vorsorgeaufwendungen gem. § 10 Abs. 3 Satz 2 EStG um den Vorwegabzug i.H.v. 12.000 DM und erließ am 1. Februar 2001 einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid für 1999. Dieser Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 der Abgabenordnung (AO). Mit Bescheid vom 12. Juli 2001 änderte das FA die Steuerfestsetzung auf 158.990 DM und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Am 15. Juli 2004 änderte das FA die Steuerfestsetzung gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erneut und setzte die Einkommensteuer um 400 DM auf 159.390 DM herauf.
Gegen diesen Änderungsbescheid wenden sich die Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Sie sind der Ansicht, dass das FA bei der Ermittlung der Sonderausgaben eine unzutreffende Kürzung des Vorwegabzugs vorgenommen habe, indem sie bei der Kürzung die Einnahmen des Klägers aus der Tätigkeit als Geschäftsführer einbezogen habe. Der Kläger unterliege als Gesellschafter-Geschäftsführer nicht der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwar habe die GmbH ihm eine Pensionszusage erteilt; diese Zusage habe sich der Kläger jedoch durch einen entsprechenden Verzicht auf die ihm zustehenden anteiligen Gewinne erkauft. Dementsprechend seien nach der Rechtsprechung des BFH (BFH-Urteil vom 16. Oktober 2002 XI R 25/01, BFH/NV 2003, 252; Urteil vom 15. Dezember 2004 XI R 45/03, BFH/NV 2005, 1509; Urteil vom 23. Februar 2005 XI R...