Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsaufgabe eines verpachteten landwirtschaftlichen Betriebs infolge von Strukturveränderungen. Einkommensteuer 1983 und 1984
Nachgehend
Tenor
Unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide 1983 vom … 08.1990 und 1984 vom … 03.1989 in der Fassung des Einspruchsbescheids vom … 05.1994 wird die Einkommensteuer 1983 und 1984 auf 0 DM herabgesetzt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns, den der Kläger durch den Verkauf von landwirtschaftlichen Flächen erzielte.
Der Kläger ist der Adoptivsohn und testamentarische Alleinerbe der am … 07.1978 verstorbenen G. S. Den leiblichen Eltern des Klägers stand ein Nießbrauchsvermächtnis am Nachlaß zu, das bis zum 25. Lebensjahr des Klägers befristet war. Die Erblasserin war mit dem am …. 02.1971 verstorbenen Landwirt … S. verheiratet. Dessen landwirtschaftlichen Betrieb hatte der Adoptivsohn H. S. B. geerbt. G. S. stand nach dem Tode ihres Mannes ein Verwaltungs- und Nutznießungsrecht nach § 14 Höfeordnung (HöfeO) bis zum 25. Lebensjahr des Adoptivsohnes H. an dem Betrieb zu. Dieses Recht hat die Erblasserin bis zu ihrem Tode ausgeübt. Daneben hat sie das aus einer Gärtnerei und einem Mörtelwerk bestehende hoffreie vermögen ihres Mannes geerbt.
In den Jahren 1972 bis 1976 erwarb die Erblasserin diverse Stückländereien zur Größe von 32,5 ha, die sie zunächst im Rahmen der Verwaltung der Hofstelle mitbewirtschaftete. Wegen der genauen Lage und Größe der Flächen im einzelnen wird auf Bl. 7 der Bp.-Arbeitsakte verwiesen. In den jeweiligen für den landwirtschaftlichen Betrieb gemäß § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) erstellten Bilanzen waren die Stückländereien (neben den Flächen, an denen die Erblasserin das Verwaltungs- und Nutznießungsrecht hatte) als Anlagevermögen ausgewiesen (vgl. im einzelnen die Bilanzen der Wirtschaftsjahre 1971/1972 bis 1977/1978 lt. Bilanzakte).
Mit Pachtvertrag vom 06.04.1978 verpachtete G. S. den landwirtschaftlichen Betrieb zur Größe von 66,18 ha im Ganzen zum 01.07.1978 an den Landwirt K. B., den Vater des Adoptivsohnes H. Mit weiterem Pachtvertrag vom selben Tage verpachtete sie die ihr gehörenden Stückländereien ebenfalls an K. B. zum 01.07.1978. Wegen des Inhalts der Pachtverträge wird auf Bl. 38 Bp.-Arbeitsakte, AB-Nr. 557 – 22/80 Ldw verwiesen.
In der Zeit vom 12.11.1979 bis 05.03.1980 fand bei G. S. eine Bp. für die Jahre 1976 bis 1978 statt. Der Prüfer – und ihm folgend das Finanzamt (FA) – rechneten die dem Adoptivsohn H. gehörenden Hofflächen nicht mehr G. S., sondern diesem zu. Hierdurch reduzierten sich die im Anlagevermögen der Erblasserin befindlichen landwirtschaftlichen Flächen auf die ihr gehörenden Stückländereien (vgl. im einzelnen Tz. 10 und Anlagen 1, 13 des Bp.-Berichts, Bp.-Arbeitsakte, AB-Nr. 557 – 22/80 Ldw). Diese steuerliche Zuordnung der Grundstücke bei G. S. war während der Bp. nicht streitig.
Im Wirtschaftsjahr 1983/1984 veräußerte der Kläger einen Großteil, der geerbten Stückländereien bzw. tauschte Flächen mit dem H. S. B. (wegen der Größe und Lage der Flächen im einzelnen vgl. Bl. 61 Bp.-Arbeitsakte, AB-Nr. 561 – 7/87 Ldw). Nachdem das beklagte FA hiervon Kenntnis erlangt hatte, forderte es den Kläger im ESt-Vorauszahlungsverfahren zur Abgabe von entsprechenden Steuererklärungen auf. Hiergegen wandte sich der Prozeßbevollmächtigte des Klägers u.a. mit dem Hinweis, daß die fraglichen Grundstücke Privatvermögen des Klägers seien und deshalb keine steuerpflichtigen Einkünfte angefallen seien. Er verwies darauf, daß G. S. zum 30.06.1978 ihre bisherige Selbstbewirtschaftung aufgegeben habe (Nutzungsänderung) und durch die Verpachtung der Flächen das bisherige gewillkürte Betriebsvermögen in ihr Privatvermögen überführt habe (Entnahme). Er berief sich hierbei auf das BMF-Schreiben vom 15.03.1979, BStBl I 1979, 162. Außerdem sei zum 17.07.1978 (Todestag der G. S.) eine Bilanzberichtigung u.a. wegen der fehlerhaften bilanzierten Pachtforderung gegenüber K. B. für den Zeitraum vom 01.–17.07.1978 erfolgt (vgl. hierzu im einzelnen den Schriftsatz des Klägervertreters vom 29.03.1985 Sonderheftung 1).
Am 06.01.1986 reichte der Prozeßbevollmächtigte eine berichtigte „Auseinandersetzungsbilanz” auf den 17.07.1978 ein, in der u.a. die streitigen Stückländereien nicht mehr dem Anlagevermögen der G. S. zugeordnet waren. Insoweit verweist der Senat auf die in der Sonderheftung 1 befindliche berichtigte Bilanz.
In der Zeit vom 10.02.1987 bis 25.01.1989 fand beim Kläger eine Bp. statt. Hierbei erfaßte der Prüfer den aus den Grundstücksverkäufen im Wirtschaftsjahr 1983/1984 erzielt...