rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewillkürtes Betriebsvermögen bei Geldanlagen von Freiberuflern
Leitsatz (redaktionell)
- Zwar können auch Freiberufler grds. gewillkürtes BV bilden. Dies gilt für Geldgeschäfte aber nur, wenn dafür ausschließlich betriebliche Gründe maßgeblich sind.
- Sollen Geldanlagen als gewillkürtes BV eines Freiberuflers behandelt werden, sind an den Nachweis der Betriebsbezogenheit strenge Anforderungen zu stellen.
- Geldgeschäfte, die ihrer Art nach zu Einkünften i. S. des § 20 EStG führen, können zwar gewerbliche Einkünfte sein, erfüllen aber regelmäßig nicht die Anforderungen an eine selbständige Tätigkeit i. S. des § 18 EStG.
- Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen, Geldgeschäfte ausnahmsweise der freiberuflichen Tätigkeit zuzuordnen sind.
Normenkette
EStG §§ 18, 20
Streitjahr(e)
2006
Tatbestand
Strittig ist, ob der Erlös aus der Veräußerung von Aktien im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit der Klägerin zu erfassen ist.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Es handelt sich hierbei um den Zusammenschluss von Ingenieuren, Biologen und Geoökologen mit einem Büro für technische Fachplanung. Die Klägerin erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Ihren Gewinn ermittelt sie durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst mit Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vom 07.02.2008 im Wesentlichen erklärungsgemäß. Dieser Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Der Prüfer stellte fest, dass im Prüfungszeitraum auf den Namen der Klägerin ein Wertpapierdepot bei der Sparkasse C geführt wurde. Das Depot enthielt u.a. Aktien der X-AG und der Y-AG, die in den Jahren 1997/1998 angeschafft und aus Praxiseinnahmen bezahlt worden waren.
Die Klägerin buchte die jährlichen Dividenden als betriebliche Erträge und übernahm diese in ihre Einnahme-Überschuss-Rechnung. Die Erträge aus der Veräußerung dieser Wertpapiere im Jahre 2006 sah die Klägerin dagegen nicht als betrieblich an.
Dies beanstandete die Außenprüfung. Der Prüfer vertrat die Auffassung, die Veräußerung der Wertpapiere sei ein betrieblicher Vorgang und ermittelte einen Veräußerungsgewinn i.H.v. 16.526,80 EUR. Die Einkünfte der Klägerin erhöhte er gemäß § 3 Nr. 40 und § 3 c Abs. 2 EStG im sog. Halbeinkünfteverfahren um 8.263,40 EUR.
Der Beklagte folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ am 22.04.2009 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO entsprechend geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für 2006.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein mit der Begründung, der Veräußerungsgewinn sei unberücksichtigt zu lassen, weil dieser nicht steuerpflichtig sei. Die Wertpapiere hätten nicht in das Betriebsvermögen eingelegt werden dürfen. Sie beruft sich hierzu auf das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 25.09.2008, 15 K 1235/04. Gegen dieses Urteil sei eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen VIII R 18/09 anhängig. Der Beklagte stellte das Einspruchsverfahren mit Zustimmung der Klägerin ruhend bis zur Entscheidung des BFH über dieses Verfahren. Dieser entschied in diesem Verfahren durch Urteil vom 08.02.2011. Daraufhin nahm der Beklagte das Verfahren wieder auf.
Die Klägerin verwies auf ein weiteres Verfahren beim BFH unter dem Aktenzeichen VIII R 1/08. In seinem Urteil vom 17.05.2011 habe der BFH entschieden, dass Wertpapiere in das Betriebsvermögen eines Arztes eingelegt werden könnten, wenn ihre Anschaffung, das Halten und ihr Verkauf ein Hilfsgeschäft der freiberuflichen Tätigkeit darstellten, zum Beispiel in Form eines verbindlich vereinbarten Finanzierungskonzepts für den ärztlichen Betrieb. Der BFH verwies das Verfahren zurück an das Finanzgericht Baden-Württemberg, um fehlende tatsächliche Feststellungen im konkreten Fall nachzuholen. Die Klägerin beantragte, das Einspruchsverfahren zumindest bis zur Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg weiter ruhen zu lassen. Der Beklagte lehnte diesen Antrag ab.
Mit Einspruchsentscheidung vom 23.12.2011 wies der Beklagte den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Der Erlös aus der Veräußerung der streitbefangenen Wertpapiere sei zu Recht als Betriebseinnahme der Klägerin erfasst worden. Der BFH habe in den beiden oben angeführten Urteilen entschieden, dass Wertpapiere unter bestimmten Voraussetzungen dem gewillkürten Betriebsvermögen eines Freiberuflers zugeordnet werden könnten. Nach dem BFH-Urteil vom 08.02.2011, VIII R 18/09 müssten die Wertpapiere ihrer Art nach objektiv geeignet sein, dem Betrieb zu dienen, ihn zu fördern und subjektiv von ihrem Eigentümer dazu bestimmt sein. Dies erfordere einen nach außen erkennbaren -eindeutig nach außen verbindlich manifestierten, d.h. unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar d...