Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1988
Nachgehend
Tenor
Unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 14. Februar 1990 und des Einkommensteuerbescheides vom 20. Januar 1992 wird die Einkommensteuer für 1988 auf 0 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Geldbetrages in Höhe der an die Kläger zu erstattenden Kosten abwenden sofern die Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob Verluste aus der Übertragung eines Aktienpaketes das zu versteuernde Einkommen mindern.
Die Kläger (Kl.) sind miteinander verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Aus der Ehe sind zwei im Streitjahr bereits volljährige Kinder hervorgegangen. Der Kl. erzielte im Jahre 1988 als Vorstandsvorsitzender einer Aktiengesellschaft Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von ca. 1,3 Mio. DM. Die Klägerin (Kl'in) ist kaufmännische Angestellte, ihre Einkünfte belaufen sich auf ca. 15.000 DM. Darüber hinaus verfügen die Kl. über Einkünfte aus Kapital vermögen in Höhe von ca. 700.000 DM.
In der Zeit von Mai 1988 bis September 1988 kaufte der Kl. sukzessive 886 Aktien der B. AG zu Kursen zwischen 5.000 und 6.000 DM je Aktie. Er war damit in Höhe von 25,13 % an der Gesellschaft beteiligt. Für den Kauf der Aktien wandte der Kl. ca. 5 Mio. DM auf, die er aus entsprechenden Bankkrediten finanzierte. Unter dem 9. November 1988 kam es zu einer Treuhandvereinbarung zwischen den Kl. Danach verpflichtete sich der Kl., 876 Aktien der B. AG an seine Frau, die Kl'in; zu übereignen, die sich ihrerseits verpflichtete, die Aktien nur treuhänderisch für ihren Mann zu verwalten. Auf den schriftlichen Treuhandvertrag vom 9. November 1988 in den Akten des Beklagten (Bekl.) wird Bezug genommen. Die weiteren zehn Aktien, die nicht vom Treuhandvertrag erfaßt wurden, schenkte der Kl. am 2. Dezember 1988 zu gleichen Teilen seinen beiden Kindern M. und Ma.. Am 22. Dezember 1988 trafen die Kl. eine weitere Vereinbarung. Danach hoben sie den Treuhandvertrag vom 9. November 1988 einvernehmlich auf und waren sich darin einig, daß die Kl'in die bisher nur treuhänderisch gehaltenen Aktien nunmehr auch wirtschaftlich übernimmt. Als Preis für die Übernahme der Aktien wurde der seinerzeitige Börsenkurs von 2.900 DM pro Aktie angesetzt. Auf die schriftliche Vereinbarung vom 22. Dezember 1988 in den Akten des Bekl. wird verwiesen. Die Abrechnung über die Übertragung der 876 Aktien zwischen den Kl. nahm ihr Rechtsbeistand am 2. März 1989 vor.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kl. unter Hinweis auf § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) einen Verlust aus der Veräußerung der Aktien des Kl. an die Kl'in in Höhe von zunächst 2.440.073 DM (später berichtigt auf 2.422.826,44 DM) geltend. Das Finanzamt (FR) Ließ diesen Betrag nicht zum Verlustabzug zu. Es vertrat die Auffassung, daß ein Verlust aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung nur bis zur Höhe eines steuerpflichtigen Spekulationsgewinns ausgeglichen werden könne. Die Regelung des § 23 EStG gehe der des § 17 EStG vor. Es verrechnete deshalb den erklärten Verlust mit einem ebenfalls erklärten anderweitigen Spekulationsgewinn in Höhe von 131.918 DM und Ließ den überschießenden Verlust nicht zum Steuerabzug zu.
Dagegen haben die Kl. nach erfolglosem Vorverfahren Klage erhoben, die sie darauf stützen, daß die Regelungen des § 17 EStG der des § 23 EStG vorgehe. Das habe der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 4. November 1992 X R 33/90, BFHE 169, 357, BStBl. II 1993, 292, erkannt. Demnach sei der Verlust aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung unbeschränkt abzugsfähig. Wie der Kl.-Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weiter erläutert hat, stelle die Übertragung des Aktienpaketes zwischen den Kl. kein Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 42 Abgabenordnung (AO) dar. Dafür fehle es ihnen bereits an der Mißbrauchsabsicht, denn bis zum Erlaß des BFH-Urteils vom 4. November 1992, BFHE 169, 357, und damit auch noch zur Zeit der Übertragung, habe in der Rechtsprechung tatsächlich die Ruffassung bestanden, daß Verluste aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung nur bis zur Höhe eines Spekulationsgewinns ausgleichsfähig seien. Im übrigen habe er – der Kl. – das Aktienpaket nicht freiwillig veräußert. Er sei dazu vielmehr durch die kreditgebenden Banken gedrängt worden. Sie – die Banken – hätten das Aktienpaket nur in Höhe von 50 % des Kurswertes als Sicherheit akzeptiert. Als der Kurs dann auf etwa die Hälfte des Einkaufskurses gesunken sei; hätten sie auf einen entsprechenden Einschuß bestanden. Das ergebe sich z. B. aus den beiden Schreiben der B. …-Bank vom 08.11.1988 und der C. Bank vom 25.10.1988 in den Akten des Bekl. Er, der Kl.; ha...