Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerpflicht nachträglicher Leistungen
Leitsatz (redaktionell)
Leistungen, die der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt, gehören zur Gegenleistung.
Normenkette
GrEStG § 9 Abs. 2
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Kosten für zusätzliche Leistungen in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.
Mit notariellem Vertrag vom 29. Februar 2016 erwarb der Kläger ein Grundstück (Grundstückskaufvertrag) in A (Flur X, Flurstück X zur Größe von 714 qm, verzeichnet im Grundbuch von A Gemarkung A Blatt X, welches neu zu vermessen war und dann zur Größe von ca. 364 qm mit einem Doppelhaus als Ausbauhaus an dem Kläger veräußert wurde) von der B-GbR (Verkäuferin) zum Festpreis von 182.000 €.
Der Kaufpreis umfasste nach § 3 des Vertrages die Kosten für Grund und Boden sowie Kosten für die Einrichtung des Kaufobjektes einschließlich Architekten- und Statikergebühren. Im Kaufpreis waren inklusive
- Die 3-fach Verglasung UG = 0,6 mit warmer Kante
- Dachüberstände in Kunststoff weiß
- Fenster außen und von innen weiß
- Klinkerfassade
- Betonkerntreppe
- Rollläden im EG und OG
- 10 cm Perimeterdämmung unter der Sohle
- 14 cm Außenwanddämmung WLG 035
- Tondachziegel Jacobi Z10 edelschwarz
- Türfüllung weiß
Nach § 2 wurde das Grundstück als voll erschlossen zum Zwecke der Wohnbebauung veräußert. Mit der Zahlung des Kaufpreises sollten die Anliegerbeiträge für die erstmalige Erschließung des Grundstücks bezahlt sein. Anliegerbeiträge für zukünftige neue Erschließungsmaßnahmen sollten zu Lasten des Klägers gehen.
Bauweise, Größe und Ausstattung des Ausbauhauses richtete sich nach der beurkundeten Bau- und Leistungsbeschreibung Ausbauhaus 2015 (Baubeschreibung) vom 3. Juli 2015, die dem Grundstückskaufvertrag beigefügt wurde.
Nach der Baubeschreibung waren folgende Leistungen beschrieben (auszugsweise):
- 3.4. „Geschossdecke” bei ausgebautem Dachgeschoss wird die Erdgeschossdecke in Stahlbeton-Fertigteil (Filigrandecke) nach den statischen Erfordernissen mit glatter Unterschicht ausgeführt. Bei nicht ausgebautem Dachgeschoss und Spitzboden/Studio ist eine Holzbalkendecke vorgesehen. Deckenstärken bzw. Balkenstärken laut Statik. Geschosshöhe vom Fertigfußboden beträgt beim EFH oder DH ca. 2,46 m und beim Bungalow ca. 2,67 m.
3.4.1. In ausgebauten Dachgeschossen werden Deckenflächen und Schrägen mit Gipskarton oder Rigipsplatten verkleidet und mit 200 mm ISOVER WLG 035 nach ENEV isoliert, dies gilt nicht für den Spitzboden bzw. Studio. Die Wärmedämmung entspricht den geltenden Vorschriften. Preis für Spitzbodenisolierung auf Anfrage. Zum Spitzboden ist eine wärmegedämmte Einschubtreppe der Marke Dolle vorgesehen ca. 70/130 cm.
- 6.3. „Innentüren”: Es werden Türen (mit Röhrenspanstegeinlage) und Zagen mit Rundkante einschließlich umlaufender Dichtung und Drückergarnitur in CPL weiß, Buche, Ahorn oder Eiche nach Vorgabe und Bemusterung Baumarkt eingebaut. Es stehen ca. 20 verschiedene Türvarianten zur Auswahl die bereits im Preis enthalten sind, dazu gehören zum Beispiel auch Kassettentüren. Bei der Innentür vom Hausanschlussraum wird von innen keine Zierbekleidung auf die Zarge gesetzt!
- · 6.4. „Rollläden”: Wenn vertraglich vereinbart, werden weiße Kunststoffrollläden im wärmegedämmten Rollladenkasten nach EnEV eingebaut. Erkerfenster, deckenhohe Fenster, Dreieckfenster, Dachflächenfenster, Übereckfenster und Fenster unter 1 m breite erhalten keine Rollläden.
- · 19. „Hausanschlüsse GAS WASSER und EWE”: Es werden die Anträge für Gas, Wasser und EWE auf den Bauherrn direkt gestellt. Die Anschlusskosten hat der Käufer zu tragen.
- · 21. „Bauausführung”: (…) Die Bau- und Leistungsbeschreibung und die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB Teil C), aktuelle Fassung, sind Vertragsbestandteil für alle Bauleistung, sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wird. (…) Die Baugesellschaft als Generalunternehmer ist Ansprechpartner für alle Fragen, die Bauausführung, Terminierung der Gewerke, Abrechnung usw. betreffen.
Auf die notariellen Verträge vom 29. Februar 2016 und 3. Juli 2015 wird verwiesen.
Mit Schreiben vom 29. Februar 2016 zeigte der Notar gegenüber dem Beklagten die Veräußerung an.
Mit Bescheid vom 2. Juni 2016 setzte der Beklagte die Grunderwerbsteuer in Höhe von 9.100 € (182.000 € x 5 %) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) fest.
Mit Bescheid vom 14. Juni 2016 änderte der Beklagte den Bescheid vom 2. Juni 2016 gemäß § 164 Abs. 2 AO, da der Notar unter dem 27. Mai 2016 auf Nachfrage den Jahreswert für die neu einzutragenden Leitungsrechte mit einem Wert in Höhe von 30.000 € mitgeteilt hatte. Der Beklagte setzte die Grunderwerbsteuer in Höhe von 10.600 € (212.000 € x 5 %) fest. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.
Unter dem 14. Januar 2019 forderte der Beklagte den Kläger auf mitzuteilen, ob weitere Leistungen bei dem Verkäufer in Auftrag gegeben wurden und...