Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderausgabenabzug des Selbstbehalts zur Krankenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
- Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG gehören zu den Sonderausgaben unter anderem Beiträge zu Krankenversicherungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt werden.
- Zu den Beiträgen zu Versicherungen i.S.d. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a EStG gehören nicht nur die eigentlichen Prämien, sondern auch die üblichen mit dem Versicherungsverhältnis zusammenhängenden und vom Versicherungsnehmer zu tragenden Nebenleistungen.
- Der im Rahmen eines privaten Krankenversicherungsverhältnisses vereinbarte Selbstbehalt stellt keinen Beitrag zur Krankenversicherung dar und kann nicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG berücksichtigt werden.
Normenkette
EStG § 10 Abs. 1 Nrn. 3, 3a
Streitjahr(e)
2010
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Selbstbehalt des Klägers zur Krankenversicherung i.H.v. 600 EUR als Vorsorgeaufwand bei den Sonderausgaben zu berücksichtigen ist.
Der Kläger war im Streitjahr im Bereich der Softwareerstellung selbstständig tätig und erzielte hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Am 31. Mai 2011 reichte der Kläger beim Beklagten seine Einkommensteuererklärung 2010 ein, in der er auf der Anlage „Vorsorgeaufwand” als Beiträge zur Krankenversicherung einen Betrag i.H.v. 3.877 EUR (inklusiv Pflegepflicht) angab. Ferner erklärte er von der Krankenversicherung erstattete Beiträge i.H.v. 368 EUR. Der Beklagte berücksichtigte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung entsprechend der e-Datenübermittlung durch die Versicherung … jedoch lediglich Beiträge zur Krankenversicherung (Basisabsicherung) i.H.v. 2.773 EUR sowie Beiträge zur Pflege-Pflichtversicherung i.H.v. 255 EUR und erstattete Beiträge von 358 EUR.
Gegen den zuvor aus anderen Gründen geänderten Einkommensteuerbescheid 2010 … legte der Kläger Einspruch ein und begründete diesen dahingehend, dass die Beiträge zur Krankenversicherung vom Beklagten fehlerhaft erfasst worden seien. So beinhalte sein privater Krankenversicherungsvertrag … einen sog. Selbstbehalt i.H.v. 600 EUR pro Jahr. Dies bedeute, dass die ersten 600 EUR erstattungsfähige Krankenkosten als nachgelagerter Beitrag von seiner Versicherung eingezogen würden, in dem die von ihm eingereichten Aufwendungen um 600 EUR gekürzt würden. Dieser Selbstbehalt von 600 EUR stelle daher einen „nachgelagerten” Krankenversicherungsbeitrag dar und müsse insofern ebenfalls als Vorsorgeaufwand bei den Sonderausgaben berücksichtigt werden. Alternativ zu dieser Regelung des Selbstbehalts habe ihm die Krankenversicherung einen Versicherungsvertrag ohne Selbstbehalt angeboten der jedoch einen monatlich um etwa 100 EUR höheren Tarif zur Folge hätte. Dieser erhöhte Beitrag würde zweifelsohne Vorsorgeaufwendungen darstellen. Es könne mithin nicht sein, dass er durch Überlegungen der Aufwandsreduzierung, die letztendlich auch dem Steuerzahler zu Gute kämen, bestraft würde.
Der Beklagte wies den Einspruch … als unbegründet zurück.
In seiner Entscheidung führte der Beklagte aus, dass Beiträge zur Krankenversicherung im Rahmen von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 3a Einkommensteuergesetz (EStG) als Sonderausgaben abziehbar seien soweit es sich um Beiträge „zu” einer Krankenversicherung handelt würde. Hieraus folge, dass nur solche Ausgaben zu den Beiträgen zur Krankenversicherung gehören könnten, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stünden und damit als Vorsorgeaufwendungen letztlich der Vorsorge dienten. Der vom Kläger geleistete Selbstbehalt werde jedoch erst durch die tatsächliche, krankheitsbedingte Inanspruchnahme einer ärztlichen Leistung ausgelöst. Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten seien somit keine Beiträge zu einer Versicherung. Die Berücksichtigung des Selbstbehaltes als Krankheitskosten bei den außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG führe vorliegend jedoch zu keiner steuerlichen Auswirkung, da die zumutbare Eigenbelastung im Streitjahr nicht überschritten sei.
Hiergegen richtet sich die beim Niedersächsischen Finanzgericht erhobene Klage. Ergänzend zu seinen Ausführungen im Einspruchsverfahren trägt der Kläger vor, dass der von ihm geleistete Selbstbehalt in unmittelbarem Zusammenhang mit seinen Vorsorgeaufwendungen stehe. Der Selbstbehalt sei Grundlage des von ihm mit seiner Krankenversicherung abgeschlossenen Vertrags. Sein Krankenversicherungsvertrag setze sich zusammen aus einer monatlichen und einer einmaligen jährlichen Zahlungsverpflichtung. Lediglich bei Erfüllung beider Zahlungsverpflichtungen sei er berechtigt, die Leistungen der Krankenversicherung in Anspruch zu nehmen. Damit stünden beide Zahlungen in klarem Kontext mit der Versicherungsleistung und seien auch als erforderlich i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzusehen. Die Tatsache, dass der von ihm geleistete Selbstbehalt i.H.v. 600 EUR erst nachgelagert fälli...