Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung der für die Berechnung des Kindergeldes maßgeblichen Einkünfte durch Beiträge für freiwillige Krankenversicherung
Leitsatz (redaktionell)
1. Beiträge für eine freiwillige Krankenversicherung mindern die Summe der zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge i. S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.
2. Es ist nicht ersichtlich, weshalb Krankenversicherungsbeiträge von Beamten nicht ebenso abgezogen werden können wie Krankenversicherungsbeiträge von Personen, die der gesetzlichen Sozialversicherung angehören.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2
Streitjahr(e)
2003
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Kindergeld für ihre Tochter beanspruchen kann.
Die im Haushalt der Klägerin lebende Tochter der Klägerin ging einer Teilzeitbeschäftigung beim Finanzamt nach. Gleichzeitig studierte sie Rechtswissenschaften an der Universität Z. Sie war aufgrund ihres Beamtenstatus beihilfeberechtigt und privat krankenversichert. Die Krankenversicherungsbeiträge für 2003 betrugen 2.182 EUR.
Sie erzielte durch ihre Tätigkeit beim Finanzamt Bruttoeinnahmen in Höhe von 12.736,62 EUR.
Der Beklagte lehnte den Antrag auf Festsetzung von Kindergeld ab, da die Summe der Einkünfte und Bezüge der Tochter der Klägerin den Grenzbetrag von 7.188 EUR überschreite. Hiergegen richtet sich erfolglosem Einspruch die Klage.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Voraussetzung für eine Festsetzung von Kindergeld lägen vor. Der Grenzbetrag sei nicht überschritten. Sie berechnet die Höhe der Einkünfte ihrer Tochter mit (höchstens) 6.665 EUR (12.736./. 6.071 EUR Werbungskosten). Ihre Tochter habe Werbungskosten in Höhe von 6.071 EUR aufgewendet, die sich, so die Klägerin, wie folgt berechnen:
Kopierkosten |
102,87 EUR (unstreitig) |
Internetkosten |
66,84 EUR (streitig) |
Literatur |
304,29 EUR (unstreitig) |
Semesterbeitrag |
289,30 EUR (unstreitig) |
Gewerkschaft |
82,80 EUR (unstreitig) |
Verpflegungsmehraufwendungen |
234 EUR (streitig) |
Fahrtkosten |
4.996 EUR (der Höhe nach streitig) |
Gesamt |
6.071 EUR |
Die angefallenen Internetkosten seien in vollem Umfang anzusetzen, da die Tochter der Klägerin den Internetanschluss ausschließlich für ihre Studienzwecke genutzt habe. Die Fahrtkosten seien im erklärten Umfang entstanden. Die Tochter sei jeweils werktags – außer dienstags zum Finanzamt gefahren, von dort zur Universität und nach Vorlesungsende zum Wohnort; alternativ sei sie zunächst zur Universität und von dort zum Finanzamt und nach Dienstschluss zum Wohnort zurück gefahren. Dienstags, samstags und an 23 Tagen im Jahr 2003 sei sie unmittelbar zur Universität gefahren, u.a. auch zur Literaturrecherche. Die Fahrtaufwendungen seien mit 0,30 EUR/gefahrenen Kilometer anzusetzen, da die Universität keine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle. Daher seien auch die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen anzuerkennen.
Neben den genannten Werbungskosten seien zudem die Beiträge für die private Krankenversicherung i.H.v. 2.182 EUR bei der Berechnung des Grenzbetrages mindernd zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
wie erkannt zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
und ist weiterhin der Auffassung, die Voraussetzung zur Bewilligung von Kindergeld lägen nicht vor. Die Summe der Einkünfte und Bezüge überschreite den Grenzbetrag von 7.188 EUR. Die Summe der zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge betrage 7.604 EUR (12.736,62./.5.131,84 EUR). Der Beklagte berechnet die Werbungskosten der Tochter der Klägerin wie folgt:
Kopierkosten |
102,87 EUR |
Internetkosten |
33,42 EUR |
Literatur |
304,29 EUR |
Semesterbeitrag |
289,30 EUR |
Gewerkschaft |
82,80 EUR |
Fahrtkosten |
4.319,16 EUR |
Gesamt |
5.131,84 EUR |
Die Internetkosten seien im Schätzungswege in Höhe von lediglich 50 % anzuerkennen, da eine private Mitbenutzung des Internetanschlusses zu vermuten sei. Verpflegungsmehraufwendungen seien nicht abziehbar, weil die Universität eine regelmäßige Arbeitsstätte darstelle. Daher sei für die Fahrten dorthin auch lediglich die Entfernungspauschale, nicht aber der Pauschalsatz von 0,30 EUR/km anzusetzen.
Schließlich seien die Aufwendungen für die private Krankensversicherung nicht abziehbar. Anders als im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2005 (2 BvR 167/02) mache die Klägerin keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung geltend. Freiwillig geleistete Krankenversicherungsbeiträge seien nämlich bei der Berechnung der Einkünfte und Bezüge i.S. v. § 32 Abs. 4 EStG nicht einkünftemindernd zu berücksichtigen.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Beteiligten die Kindergeldakten sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Beklagte hat die Zahlung von Kindergeld im Streitjahr zu Unrecht abgelehnt.
1. Die zu berücksichtigenden Einkünfte und Bezüge der Tochter der Klägerin überschreiten im Streitjahr nicht den Grenzbetrag von 7.188 EUR. Nach...