Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Nutzung von Vorführwagen durch Angestellten eines Autohauses als geldwerter Vorteil einnahmenerhöhend zu erfassen
Leitsatz (redaktionell)
- Zum Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
- Die unentgeltliche bzw. verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den ArbG an den ArbN für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des ArbN und damit zum Lohnzufluss.
- Hat der Angestellte eines Autohauses Zugriff auf den Vorführwagen-Pool des Autohauses zwecks privater Nutzung, so ist diese private Nutzung als geldwerter Vorteil einnahmenerhöhend zu erfassen.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2002, 2003, 2004, 2005
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit wegen der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge um einen geldwerten Vorteil zu erhöhen sind.
Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielt als Verkäufer des Autohauses X GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die GmbH vertreibt in ihren Filialen in … Pkw der Marken BMW und Mini. Der Kläger ist in der Filiale Y beschäftigt. Die Klägerin ist ebenfalls nichtselbständig tätig.
Die GmbH hält für die berufliche Nutzung durch die Verkäufer auf die Firma zugelassene Vorführwagen vor. Bei Bedarf kommen in jeder Filiale auch Vorführwagen der anderen Standorte zum Einsatz. Für die Vorführwagen werden keine Fahrtenbücher geführt.
Die Rechte und Pflichten des Klägers in Bezug auf diese Wagen ergeben sich aus der Anlage II „Vorführwagen-Regelung” zum Arbeitsvertrag. Die Geschäftsleitung legt Fahrzeugtyp, Ausstattung und Zubehör der Vorführwagen fest. Der Vorführwagen steht dem Kläger für Probe-, Vorführ- und Besuchsfahrten zur Verfügung. In Ziffer 3.4 der Anlage II zum Arbeitsvertrag heißt es: Die private Nutzung des Vorführwagens ist verboten.
Den Klägern standen in den Streitjahren als private Pkw zunächst bis August 2003 ein Opel Astra, anschließend bis Juli 2004 ein BMW 525i und danach ein BMW 316i zur Verfügung. Die jährliche Laufleistung betrug 10 - 12.000 km.
Der Kläger nutzt Vorführwagen aufgrund einer mündlich erteilten Gestattung für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge aus dem niedrigen Preissegment. Die GmbH führte insoweit eine Lohnversteuerung durch, wobei sie einen Bruttolistenpreis von 23.000 EUR zugrunde legte.
Die GmbH hat einen Verkäufer wegen eines Verstoßes gegen die arbeitsvertragliche Nutzungsregelung am 27. Oktober 2005 schriftlich abgemahnt. Dieser Verkäufer hatte während seiner Urlaubszeit einen Vorführwagen auf Rechnung der GmbH an der Vertragstankstelle in unmittelbarer Nähe der Filiale für private Zwecke betankt.
Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung bei der GmbH ging der Beklagte (das Finanzamt) von einer privaten Nutzung(smöglichkeit) der Vorführwagen durch den Kläger aus und setzte in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre vom 10. Oktober 2006 hierfür bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers zusätzliche geldwerte Vorteile in Höhe von 3.400 EUR (2002), 3.583 EUR (2003), 3.780 EUR (2004) und 3.976 EUR (2005) an. Da nicht mehr geklärt werden konnte, welche Vorführwagen dem Kläger zuzurechnen waren, schätzte das Finanzamt die geldwerten Vorteile ausgehend von einem für 1998 ermittelten durchschnittlichen Bruttolistenpreis von 45.000 DM, der um jährlich 5 v. H. erhöht wurde. Auf diese Bruttolistenpreise wendete das Finanzamt die sog. 1 v. H. – Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz – EStG) bzw. den Prozentsatz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG) an.
Die Einnahmeerhöhung setzt sich wie folgt zusammen (Angaben in EUR):
|
2002 |
2003 |
2004 |
2005 |
Bruttolistenpreis |
27.900 |
29.300 |
30.800 |
32.300 |
1 v. H. -Regelung |
3.348 |
3.516 |
3.696 |
3.876 |
Fahrten W-A |
52,80 |
67,92 |
84,12 |
100,32 |
Summe |
3.400 |
3.583 |
3.780 |
3.976 |
Während des Einspruchsverfahrens erklärte die Geschäftsleitung der GmbH gegenüber dem Finanzamt, das Nutzungsverbot werde durch das Festhalten der Kilometerstände der Vorführwagen in den jeweiligen Filialen überprüft. Dazu teile der Verkäufer in seiner Filiale wöchentlich schriftlich oder mündlich den Kilometerstand mit. Diese Daten würden per Fax an die Hauptniederlassung übermittelt und dort – meist donnerstags – in Excel-Dateien für jeden Vorführwagen gesondert erfasst. Die Geschäftsleitung überprüfe die Angaben montags, teilweise durch Abgleich mit Übergabeprotokollen für Probefahrten. Wenn das Fahrzeug verkauft werde, werde die diesbezügliche Spalte in der Excel-Datei gelöscht. Auch die Grundaufzeichnungen, z. B. die Faxe an die Hauptniederlassung, seien nicht mehr vorhanden. Diese Regelung sei nach einer Mitarbeiterbesprechu...