rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung eines Verzögerungsgeldes

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird bei einem landwirtschaftlichen Betrieb in Niedersachsen die Außenprüfung durch eine Zentralstelle für landwirtschaftliche Betriebsprüfung durchgeführt, ist dieses Finanzamt - und nicht das Wohnsitz- oder Betriebsfinanzamt - für die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes im Sinne von § 146 Abs. 2 b AO sachlich zuständig.

 

Normenkette

AO § 118 S. 1, § 119 Abs. 3 S. 1, §§ 127, 146 Abs. 2b, §§ 16, 195 S. 2, § 200 Abs. 1; FVG § 17 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, S. 4

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern A und B. Sie betreiben gemeinschaftlich einen landwirtschaftlichen Betrieb (Ackerbau und Milchviehhaltung). Das Wirtschaftsjahr umfasste jeweils den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. Juni. Der Gewinn wurde durch Bestandsvergleich ermittelt.

Der Betriebssitz der Klägerin befindet sich im Bezirk des beklagten Finanzamts (E), und zwar in C. Dementsprechend war das beklagte Finanzamt für den Erlass der gesonderten und einheitlichen Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen und der Steuerbescheide zuständig.

Am 16. Februar 2016 erließ das Finanzamt D als landwirtschaftliche Bp-Zentralstelle eine Prüfungsanordnung für eine allgemeine Außenprüfung. Geprüft werden sollten die gesonderten und einheitlichen Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2010 bis 2014 (Wirtschaftsjahre 2010/2011 bis 2014/2015) und die Umsatzsteuer 2010 bis 2014. Die Prüfung sollte in dem Zeitraum April 2016 bis Juni 2016 stattfinden. Mit der Durchführung wurde ein Bediensteter des Finanzamts D beauftragt.

Die Außenprüfung begann am 21. November 2016. Am 25. November 2016 wandte sich der Außenprüfer per Fax an den steuerlichen Berater der Klägerin und bat um Übersendung folgender Unterlagen bis zum 16. Dezember 2016:

  • Schlussrechnung, Bauvertrag xxx
  • · Erläuterung BW-Zugang # xxx 14/15
  • · Ergänzungsbilanzen 13/14 und 14/15
  • · Anlagenverzeichnis für Ergänzungsbilanz
  • · Klärung Differenz Grund- und Bodenverzeichnung und Ergänzungsbilanz
  • · Mapping xxx für E-Bilanz 14/15

Die Klägerin reagierte nicht.

Am 16. Januar 2017 erinnerte der Außenprüfer den steuerlichen Berater der Klägerin an die Erledigung des Faxes vom 25. November 2016 und setzte eine neue Frist bis zum 3. Februar 2017. Der Außenprüfer wies vorsorglich auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes hin.

Die Klägerin reagierte nicht.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2017 wies der Außenprüfer den steuerlichen Berater der Klägerin darauf hin, dass die Klägerin der Aufforderung zur Vorlage von Unterlagen und Erteilung von Auskünften nicht nachgekommen sei. Er konkretisierte die Anforderung wie folgt:

Unterlagen

  • Schlussrechnung und Bauvertrag xxx
  • · Ergänzungsbilanzen 2013/14 und 2014/15 für A
  • · Anlageverzeichnisse für die Ergänzungsbilanzen 2010/11 bis 2014/15
  • · Mapping-Tabellen zur Überführung der Kontendaten aus dem Buchführungssystem xxx in die E-Bilanz 2014/15

Auskünfte

  • Erläuterung BW-Zugang auf dem Sachkonto # xxx für 2014/15
  • · Klärung Differenz zwischen dem Grund- und Bodenverzeichnis und der Ergänzungsbilanz 2010/11

Der Außenprüfer wies auf die Verpflichtung zur Mitwirkung gemäß § 200 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) hin und setzte eine neue Frist bis zum 3. März 2017. Schließlich drohte der Außenprüfer an, dass gemäß § 146 Abs. 2b AO ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 € festgesetzt werden würde, wenn der Aufforderung nicht nachgekommen werde.

Die Klägerin reagierte nicht.

Am 9. März 2017 übersandte der Außenprüfer dem beklagten Finanzamt einen Textentwurf für die Festsetzung eines Verzögerungsgeldes.

Mit Bescheid vom 30. März 2017 setzte das beklagte Finanzamt ein Verzögerungsgeld in Höhe von 2.500 € fest. Zur Begründung führte das beklagte Finanzamt aus, dass die Klägerin ihre Mitwirkungspflicht gemäß § 200 Abs. 1 AO verletzt habe und dass die Klägerin keine Gründe vorgetragen habe, weshalb sie der Aufforderung nicht nachgekommen sei. Der Text entsprach den Vorgaben des Außenprüfers.

Mit am 5. April 2017 eingegangenem Schreiben legte die Klägerin Einspruch ein. Mit Schreiben vom 3. Mai 2017 nahm die Klägerin erstmals zu den angeforderten Unterlagen und Auskünften Stellung:

  • Die Rechnung der Firma xxx sei fälschlicherweise als „Abschlagsrechnung&” bezeichnet worden. Eine Schlussrechnung sei nicht erteilt worden. Einen Bauvertrag habe die Klägerin mit der Firma xxx nicht abgeschlossen.
  • · Es würde für die Anforderung von Mapping-Tabellen keine Rechtsgrundlage geben.
  • · Die Nachfrage wegen des Buchwerts auf dem Konto „xxx&” sei unverständlich.
  • · Der Buchwert des aktivierten „Grund und Boden&” sei an das Grund- und Bodenverzeichnis angepasst worden. Die Differenz könne nicht mehr aufgeklärt werden.
  • · Außerdem legte die Klägerin die Ergänzungsbilanzen zum 30. Juni 2010 und 30. Juni 2011 für den Gesellschafter A vor.
  • · Auch die Anlageverzeichnisse der Ergänzungsbil...

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