vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [VI R 48/13)]
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Werbungslosten-Abzug für Kosten des Erststudiums
Leitsatz (redaktionell)
- Nach § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des Beitreibungsrichtlinie-Umsatzgesetzes unterliegen Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung nicht dem WK-Abzug.
- Die Aufwendungen für die eigenen Berufsausbildung sind lediglich bis zu einem Betrag i.H.v. 4.000 € als SA begrenzt abzugsfähig.
- Gegen die gesetzliche Regelung bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1
Streitjahr(e)
2010
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Aufwendungen für ein Erststudium Werbungskosten sind.
Die Klägerin ist Studentin der Tiermedizin. Sie studiert in Hannover. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2010 hat sie keine Einnahmen erklärt, aber die Aufwendungen für ihr Studium, ausbildungsbedingte Bahnfahrten, doppelte Haushaltsführung, Fachliteratur, Semesterbeiträge und Ähnliches als Werbungskosten angesetzt. Der Beklagte hat diese in der Höhe unstreitigen Aufwendungen als Sonderausgaben behandelt und die Einkommensteuer auf 0 EUR festgesetzt. Hierzu hat er sich auf den Wortlaut des § 12 Nr. 5 EStG. berufen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Die Klägerin beruft sich auf die Rechtsprechung des 6. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH). Nach dieser Rechtsprechung können auch Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung trotz der Regelung in § 12 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) Werbungskosten sein. Es bestehe eine enge Verknüpfung zwischen Ausbildung und späterem Beruf. Da Werbungskosten vorrangig vor Sonderausgaben steuerlich zu behandeln seien, rechtfertige dies die Annahme, die Ausbildungskosten für ein Erststudium als Werbungskosten anzusetzen. § 12 Nr. 5 EStG könne diesen Veranlassungszusammenhang nicht außer Kraft setzen.
Die Klägerin beantragt,
den angefochtenen Steuerbescheid vom 14. Juli 2011 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15. Februar 2012 aufzuheben und der Klägerin die geltend gemachten Aufwendungen (4.629,48 EUR) als vorweggenommene Werbungskosten anzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte weist auf den Wortlaut des § 12 Nr. 5 EStG und auf das Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz vom Dezember 2011 hin. Dort sei in § 4 Abs. 9 EStG und § 9 Abs. 6 EStG klargestellt, dass Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium keine Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten seien. Diese Regelungen gelten für Veranlagungszeiträume ab 2004, also auch für das Streitjahr.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Klägerin hat in den Streitjahren keine negativen Einkünfte erzielt. Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für ihre erstmalige Ausbildung zur Tierärztin sind nicht als Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit abzugsfähig, so dass keine Werbungskostenüberschüsse angefallen sind. Der Abzug der Aufwendungen der Klägerin für ihre erstmalige Berufsausbildung als Werbungskosten ist gem. § 9 Abs. 6, § 12 Nr. 5 EStG ausgeschlossen. Maßgeblich ist im Streitfall § 9 Abs. 6 EStG i.d.F. des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes. Die neue Regelung wurde im Bundesgesetzblatt vom 13. Dezember 2011 verkündet. Gemäß Art. 25 Abs. 4 des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes trat sie am Tag nach ihrer Verkündung also 14. Dezember 2011 in Kraft. Sie sind daher im Streitfall anzuwenden, in dem am 15. März 2012 Klage erhoben wurde.
Nach § 9 Abs. 6 EStG sind Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Gemäß § 12 Nr. 5 EStG dürfen die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. Dieses Abzugsverbot gilt ebenfalls nicht, wenn die Berufsausbildung oder das Erststudium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden. Die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung sind nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG i.d.F. des Streitjahres bis zu einem Betrag in Höhe von 4.000 EUR als Sonderausgaben begrenzt abzugsfähig. Diese Regelungen sind gem. Art. 2 Nr. 34 lit.d) des Beitreibungsrichtlinien-Umsetzungsgesetzes für Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden.
Die Klägerin hat ihre Ausbildung zur Tierärztin außerhalb eines Dienstverhältnisses absolviert. Die dem Grunde und der Höhe nach unstreitig entstandenen Aufwendungen hierfür sind daher nach §§ 9 Abs. 6, 12 Nr. 5 EStG keine abziehbaren Werbungskosten.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung ...