Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von Teilleistungen im Straßenbau; Straßenbau; Material-Prüfzeugnis; "Güteüberwachung; Mineralstoffe; Einheitliche Leistung
Leitsatz (redaktionell)
- Die für die Erteilung eines Prüfzeugnisses ausländischer Mineralstoffe für den inländischen Straßenbau erforderlichen Teilleistungen stellen umsatzsteuerrechtlich eine einheitliche Leistung eigener Art dar, weil alle Teilleistungen der Prüfung dienen, ob die Voraussetzung für die Erteilung bzw. Aufrechterhaltung des Prüfzeugnisses vorliegen.
- Diese Leistung ist keine aus der Tätigkeit als Sachverständiger, Ingenieur oder einer wirtschaftlichen und technischen Beratung.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 9, § 3a Abs. 3 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 3c
Tatbestand
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sind u.a. Materialprüfungen und Begutachtungen für den Straßenbau, Lagerstättenuntersuchungen, allgemeine Ingenieurleistungen sowie fachbezogene Beratungen.
Die Klägerin ist von der obersten Straßenbaubehörde des Landes als Prüfstelle für die Güteüberwachung von Mineralstoffen im Straßenbau anerkannt. Umfang und Gegenstand ihrer Tätigkeiten als Prüfstelle richten sich nach den “Richtlinien für die Güteüberwachung von Mineralstoffen im Straßenbau – RGMin – StB 83 -”, auf die Bezug genommen wird. Zweck der Richtlinie ist die Sicherstellung bestimmter Güteanforderungen für die Verwendung von Mineralstoffen im Straßenbau. Die Güteanforderungen an diese Mineralstoffe ergeben sich aus den einschlägigen DIN-Normen, technischen Lieferbedingungen, technischen Vorschriften sowie Richtlinien und Merkblättern, die der Richtlinie als Anlage 1 beigefügt sind. Um die Einhaltung der Güteanforderungen sicherzustellen, sind Eignungsnachweise und Güteüberwachungen erforderlich. Der Eignungsnachweis besteht aus einer Eignungsprüfung mit einer Betriebsbeurteilung. Die Güteüberwachung umfasst die Eigen- und die Fremdüberwachung. Die beim Eignungsnachweis und bei der Güteüberwachung anzuwendenden Prüfverfahren und die Häufigkeit der Prüfungen ergeben sich aus der Anlage 2 der Richtlinie. Die Eigenüberwachung besteht darin, dass die gemäß Anlage 2 der Richtlinie hierfür vorgesehenen Prüfungen an Proben aus der laufenden Produktion durchgeführt werden. Sie sollen im Betriebslaboratorium vor-genommen werden. Die Fremdüberwachung umfasst die in der Anlage 2 zur Richtlinie angegebenen Prüfungen. Für die Fremdüberwachung entnimmt die Prüfstelle Proben im Werk. Für die Güteüberwachung ausländischer Mineralstoffe gilt darüber hinaus, dass der Eignungsnachweis nur von einer anerkannten Prüfstelle geführt werden kann und die alle zwei Jahre zu wiederholende Fremdüberwachung von der in der Bundesrepublik Deutschland anerkannten Prüfstelle durchgeführt werden muss. Über die Durchführung der Fremdüberwachung ist von der Prüfstelle mit dem Auftraggeber ein nach Anlage 3 der Richtlinie formularmäßig vorgesehener Überwachungsvertrag abzuschließen.
Bei Einhaltung der nach den Richtlinien vorgegebenen Anforderungen erteilt die Prüfstelle dem Auftragnehmer ein entsprechendes Prüfzeugnis. Mit dem allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 17/1983 vom 20. Dezember 1983 hat der Bundesminister für Verkehr (StB 26/70.66.21 – 10/5F83) die Richtlinien für den Bundesfernstraßenbau “eingeführt” und die obersten Straßenbaubehörden der Länder gebeten, in den Bauverträgen zu vereinbaren, dass im Straßenoberbau nur Mineralstoffe verwendet werden dürfen, die einer Güteüberwachung nach dem RGMin-StB 83 unterliegen und die Dienststellen der Straßenbauverwaltungen ermächtigt, vom Auftragnehmer als Nachweis der Güteüberwachung die Vorlage des letzten Prüfzeugnisses zu verlangen. Faktisch können danach nur Unternehmer mit einem entsprechenden Prüfzeugnis Mineralstoffe für den öffentlichen Straßenbau in Deutschland liefern. Die Klägerin hat mit ausländischen Kunden Verträge über Eignungsprüfungen und Überwachungsverträge nach den vorgeschriebenen Mustern geschlossen.
Im Rahmen ihrer Eignungs- und Überwachungstätigkeit für ausländische Auftraggeber hat die Klägerin teilweise Arbeiten vor Ort im Ausland vorgenommen, und zwar die Beschreibung der Lagerstätte, die Begutachtung der Aufbereitungsanlage, die Überwachung der Eigenüberwachung und Probeentnahmen vor Ort. Die vor Ort entnommenen Proben hat die Klägerin anschließend in ihren inländischen Labors auf ihre Güte hin untersucht. Ferner hat die Klägerin die ausländischen Auftragnehmer umfassend über die geforderten deutschen Qualitätsanforderungen und damit zusammenhängenden Prüfverfahren informiert. Ihre Leistungen hat die Klägerin insgesamt auf der Grundlage und im Rahmen der Überwachungsverträge abgerechnet. Über ihre Beratungsleistungen hat sie keine gesonderte Rechnung erteilt.
Die Klägerin ging davon aus, dass die auf der Grundlage der Eignungsprüfungen und der Überwachungsverträge mit ausländischen Auftraggebern erzielten Umsätze nicht steuerbar seien und unterwarf sie in ihrer Umsatzsteuererklärung nicht der Umsatzsteuer. Nach einer ...