Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Steuersatz für Vereinnahmung von Hafengeldern
Leitsatz (redaktionell)
- § 12 Abs. 2 UStG, die Regelung für den ermäßigten Steuersatz, ist als Ausnahme von dem Grundsatz, dass der normale Steuersatz Anwendung findet, eng auszulegen.
- Die kurzfristige Überlassung von Bootsliegeplätzen kann nicht unter die Formulierung „kurzfristige Vermietung von Campingflächen” nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG subsumiert werden. Diese unterliegt daher nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12 S. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 11; RL 2006/112/EG Art. 98 Abs. 2 S. 1
Streitjahr(e)
2010, 2011, 2012
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsätze aus der Vereinnahmung von Hafengeldern dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG unterliegen.
Der Kläger ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, dessen Zweck die Förderung des Segel- und Motorwassersports ist.
Er unterhält in seinen Hafen über etwa 300 Liegeplätze, die in den Streitjahren zu ca. 50 % fest an Mitglieder vergeben wurden. Die Mitglieder sind verpflichtet, bei Abwesenheit die Nutzung ihrer Liegeplätze durch Gäste zu dulden. Die übrigen 50 % der Liegeplätze stehen den Gästen uneingeschränkt zur Verfügung.
Aus der Überlassung der Liegeplätze an Gäste erzielte der Kläger Bruttoentgelte in Höhe von 127.114,49 € in 2010, 137.770,04 € in 2011 und 142.651,47 € in 2012, die er dem ermäßigten Steuersatz unterwarf.
In 2014 fand beim Kläger eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass die vereinnahmten Hafengelder dem Regelsteuersatz unterlägen. Als Begründung wurde Abschnitt 12.16 Abs. 7 UStAE angeführt, wonach die kurzfristige „Vermietung von Campingplätzen” ausschließlich Flächen zum Aufstellen von Zelten, von Wohnmobilien und Wohnwagen umfasst.
Bei der vermieteten Hafenfläche des Klägers handele es sich gerade nicht um eine mit einer Campingfläche vergleichbare Fläche, sondern um eine mit einem Parkplatz vergleichbare Fläche. Dementsprechend habe das FG Baden-Württemberg mit Urteil vom 29. Januar 2014 (14 K 418/13) zu Recht entschieden, dass die kurzfristige Vermietung von Bootsliegeplätzen dem Regelsteuersatz unterliege. Am 4. September 2014 ergingen entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2010 bis 2012.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage.
Der Kläger trägt folgendes vor: Nach dem Urteil des EuGH vom 3. März 2005 (C-428/02, Fonden Marselisborg, DStRE 2005, 658) sei Art. 13 Teil B der Sechsten Richtlinie (77/388/EWG) dahin auszulegen, dass die Vermietung von Grundstücken auch die Vermietung von Liegeplätzen für das Festmachen von Booten im Wasser umfasse. Damit sei höchstrichterlich klargestellt, dass umsatzsteuerlich zwischen einem Grundstück an Land und auf dem Wasser kein Unterschied gemacht werden dürfe.
Der ermäßigte Steuersatz gelte nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG für die kurzfristige Vermietung von „Campingflächen”. Eine Campingfläche müsse unter Berücksichtigung der o.g. Rechtsprechung des EuGH nicht zwangsläufig an Land sein, sondern könne auch auf dem Wasser liegen.
Das Urteil des FG Baden-Württemberg und die darauf fußende Rechtsauffassung des Beklagten sei unzutreffend: Dies orientiere sich nicht an der umsatzsteuerlichen Behandlung der streitigen Leistung (Vermietung einer Fläche), sondern nehme die Handlung/Tätigkeit des Leistungsempfängers (Abstellen eines Fahrzeugs) zum Anlass, die umsatzsteuerliche Leistung einzuordnen. Dieser Definition der umsatzsteuerlichen Leistung folgend müsste es sich auch bei den Flächen, auf den Wohnmobile abgestellt würden, um Flächen zum Abstellen von Fahrzeugen handeln.
Der UStAE regele aber in Abschnitt 12.16 Abs. 7 ausdrücklich, dass die Vermietung von Campingflächen auch Flächen zum Aufstellen von Wohnmobilen umfasse. Dementsprechend stelle die Finanzverwaltung beim ausdrücklich erwähnten Wohnmobil eben nicht den Fahrzeugcharakter in den Vordergrund, sondern den Beherbergungscharakter. Spätestens in dem Moment, in dem das Schiff des Gastes im Hafen des Vereins festgemacht werde, verliere dies für seinen Nutzer den Zweck als Fahrzeug. Es dienen ab diesem Zeitpunkt (Beginn der umsatzsteuerlichen Leistungserbringung) einzig und alleine dem Zweck der Beherbergung.
Es bestehe auch eine fast 100-prozentige Vergleichbarkeit der Ausstattung des Hafens im Vergleich zum Campingplatz an Land. So sei der Hafen mit folgenden Einrichtungen ausgestattet:
Stromanschluss
Grünanlage und Kinderspielplatz
Grillplätze
Gastronomie
Miet-Fahrräder
Toiletten und Duschen
Waschmaschine
WLAN
Wäschetrockner.
Das zu zahlende Hafenentgelt der Gäste unterliege dem Kurbeitrag. Nach § 5 der Kurbeitragssatzung der Stadt X. seien alle Personen kurbeitragspflichtig, die in den entsprechenden Kurgebieten „Unterkunft nehmen”. Dementsprechend sei ...