rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge
Leitsatz (redaktionell)
Ein LSt-Haftungsbescheid ist rechtswidrig, wenn das FA weder die ArbG-Haftung nach § 42d Abs. 1 EStG noch die Entleiher-Haftung nach § 42d Abs. 6 EStG pflichtwidrig nicht geprüft hat.
Normenkette
EStG § 42d
Streitjahr(e)
2007, 2008
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge, mit dem der Beklagte den Kläger als Entleiher ausländischer Arbeitnehmer nach § 42d Abs. 6 EStG in Anspruch genommen hat.
Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2007 und 2008 eine Baumschule. Da er in diesen Jahren zur Durchführung von Baumschularbeiten weitere Arbeitskräfte benötigte, wandte er sich an die Firma T in A (Deutschland). Er schloss für die Streitjahre mit der T einen sog. „Werkvertrag” als Rahmenvertrag ab, in dem bestimmte Baumschularbeiten vereinbart waren. Die Vergütung der Arbeiten sollte auf Stundenbasis erfolgen.
Die T bediente sich zur Ausführung der Arbeiten beim Kläger der Arbeitnehmer der Firma D, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach polnischen Recht mit Sitz in Polen, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der deutsche Staatsangehörige G, wohnhaft in Deutschland, war. Die zwischen der T und der Firma D geschlossenen Vereinbarungen waren in sog. „Aufträgen” niedergelegt. Nach Ausführung der Arbeiten rechnete die T gegenüber dem Kläger und der Firma D ab. Dabei stellte sie dem Kläger den vollen vereinbarten Stundensatz der Arbeitskräfte zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung. Der Kläger erfasste die Aufwendungen in seiner Buchführung auf dem Konto 4909 „Fremdleistungen und Fremdarbeiten” mit dem Buchungstext „T, Lohnleiharbeiter” bzw. „T, Leiharbeiter”.
Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung nahm der Beklagte den Kläger durch Haftungsbescheid als Entleiher von Arbeitnehmern in Haftung. Dem Prüfer folgend war der Beklagte zu der Auffassung gelangt, der Kläger sei als Entleiher von Arbeitnehmern nach § 42d Abs. 6 EStG in Haftung zu nehmen. Er habe in den Streitjahren Arbeitnehmer der Firma D aus Polen entliehen. Diese Arbeitnehmer habe ihm die T vermittelt. Als Entleiher hafte er nach § 42d Abs. 6 EStG in Höhe von 15 % des zwischen Entleiher und Verleiher vereinbarten Entgelts ohne Umsatzsteuer. Der sog. „Werkvertrag” sei kein Werkvertrag i.S.d. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), die Arbeitskräfte seien vielmehr als Arbeitnehmer im Betrieb des Klägers tätig gewesen. Da den Beteiligten die entsprechenden Genehmigungen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) gefehlt hätten, sei die Beschäftigung der Arbeitskräfte durch den Kläger als illegale Arbeitnehmerüberlassung anzusehen.
Der Kläger legte Einspruch ein und machte geltend, der Beklagte nehme ihn zu Unrecht in Haftung. Er sei nämlich nicht Entleiher von Arbeitnehmern gewesen, sondern habe Arbeitskräfte im Rahmen von Werkverträgen i.S.d. BGB beschäftigt. Dies sei schriftlich zwischen dem Kläger und der T vereinbart gewesen. Gegenstand der Verträge seien bestimmte Baumschularbeiten gegen Stundenvergütung gewesen. Eine Vergütung auf Stundenbasis sei im Bereich des Handwerks üblich. Ein Weisungsrecht habe dem Kläger nur im Rahmen seiner Funktion als Auftraggeber der Leistungen zugestanden, nicht aber im Sinne eines Direktionsrechts eines Arbeitgebers.
Der Beklagte wies den Einspruch des Klägers durch Einspruchsbescheid als unbegründet zurück. Er hielt an seiner Auffassung fest, der Kläger sei als Entleiher von Arbeitnehmern nach § 42d Abs. 6 EStG in Haftung zu nehmen. Im Rahmen der Ermessenserwägungen wies der Beklagte darauf hin, der Kläger sei anstelle der Arbeitnehmer in Anspruch zu nehmen, da weder Namen noch Anschriften der Arbeitnehmer bekannt seien, so dass eine Nachforderung der Lohnsteuer und der sonstigen Lohnabzugsbeträge bei den Arbeitnehmern nicht möglich sei. Auch der polnische Arbeitgeber der Arbeitnehmer komme als Haftungsschuldner nicht in Betracht, da dieser Arbeitgeber keine Anschrift im Inland habe, so dass insoweit mit der Realisierung und Beitreibung von Haftungsbeträgen nicht zu rechnen sei. Die T komme als Haftungsschuldner nicht in Betracht, da sie nicht selbst Arbeitgeber gewesen sei, sondern nur Vermittler der Arbeitnehmer zwischen dem polnischen Arbeitgeber, der Firma D, und dem Kläger.
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger verfolgt sein Begehren aus dem Einspruchsverfahren weiter, insbesondere ist er weiterhin der Auffassung, die von ihm beschäftigten Arbeitskräfte seien hinsichtlich der von ihm beauftragten Baumschularbeiten keine Arbeitnehmer gewesen. Die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis gegenüber den Arbeitskräften habe die Firma D als Arbeitgeber ausgeübt, soweit diese Arbeitskräfte für sie nichtselbstständig tätig gewesen seien. Soweit die Arbeitskräfte darüber hinaus als Erfüllungsgehilfen im Rahmen eines Werkvertrags für die T tätig geworden seien, habe Frau G als Inhaberin der T Anwe...