Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung privater Versicherungsbeiträge bei Berechnung des kindergeldschädlichen Grenzbetrags
Leitsatz (redaktionell)
- Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei einem geringfügigen Überschreiten des Grenzbetrages verfassungsrechtlich keine Härtefallregelung zu fordern.
- Beiträge zu privaten Kapital-Lebensversicherungen und zu einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind mit den gesetzlichen Sozialabgaben nicht vergleichbar. Demgemäß sind Beiträge zu derartigen Versicherungen bei Ermittlung des Jahresgrenzbetrages nicht zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für den Monat April 2000 Kindergeld in Höhe von 270 DM zu gewähren ist.
Durch Bescheid vom 14. Juni 2000 setzte der Beklagte (Kindergeldkasse) das Kindergeld für den Sohn M, der in diesem Zeitpunkt bereits über 18 Jahre alt war, auf 0 DM fest. Zur Begründung führte die Kindergeldkasse an, die Einkünfte und Bezüge des Kindes überstiegen den im Streitjahr geltenden Grenzbetrag von 13.500 DM.
Der Sohn der Klägerin war nach erfolgreicher Ausbildung zum Bankkaufmann von Juni 1999 bis 31. März 2000 befristet bei einer Volksbank beschäftigt. Ab 1. April 2000 meldete er sich arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld bis zum 30. April 2000 in Höhe von 1.189,50 DM. Am 1. Mai 2000 trat er seinen Grundwehrdienst an.
Bei der Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Sohnes ging die Kindergeldkasse wie folgt vor:
|
Grenzbetrag jährlich |
13.500,00 DM |
|
|
1/12 des Grundbetrages |
|
1.125,00 DM |
|
Arbeitslosengeld |
|
1.189,50 DM |
|
./. 1/12 der Kostenpauschale von 360,00 DM |
|
30,00 DM |
|
Eigene Bezüge des Sohnes |
|
1.159,50 DM |
Nach der Berechnung der Kindergeldkasse lagen damit die zu berücksichtigenden Bezüge des Sohnes mit 34,50 DM über dem maßgeblichen anteiligen Grenzbetrag von 1.125 DM.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage, mit der sie zunächst geltend machte, bei der Berechnung der maßgeblichen Bezüge des Sohnes sei auch 1/12 des Arbeitnehmerpauschbetrages von 2.000 DM, also 166,67 DM, zu berücksichtigen. Danach ergebe sich Bezüge des Sohnes von 992,83 DM. Dieser Betrag liege unterhalb des maßgeblichen Grenzbetrages, weshalb das Kindergeld zu gewähren sei.
Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. Januar 2005 (2 BvR 167/02) erweiterte die Klägerin ihr Vorbringen gegen die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen.
Neben den nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu berücksichtigenden gesetzlichen Sozialabgaben seien auch freiwillige Versicherungsbeiträge, z. B. für eine Krankenversicherung oder Lebensversicherungen zu berücksichtigen. Diese Ausgaben seien abzuziehen. Es sei nicht richtig, dass Lebensversicherungsbeiträge des Kindes allein freiwillig gezahlt werden würden. Diese Aufwendungen habe der Gesetzgeber bewusst zum Abzug als Vorsorgeaufwendungen zugelassen. Diese Aufwendungen müssten deshalb auch dann Berücksichtigung finden, wenn das Kind – wie hier – nur Bezüge und nicht Einkünfte erzielt habe.
Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Entscheidung der beklagten Familienkasse keine Härtefallregelung berücksichtige. Eine solche Härtefallregelung sei aus verfassungsrechtlichen Gründen einzufordern. Die Härtefallregelung zu versagen, weil es aus Typisierungs- und Vereinfachungsgründen notwendig sei, müsse als zynisch bewertet werden. Dem Steuerrecht sei es nicht fremd, erhebliche Belastungen durch Härtefallregelungen auszugleichen. Die Nichtberücksichtigung einer Härtefallregelung verstoße daher gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG), denn wie der Fall der Klägerin zeige, werde diese hinsichtlich der Gewährung des Kindergeldes genauso behandelt wie ein Elternteil, dessen Kind 15.000 DM verdient habe. Eine typisierende Gesetzesnorm müsse sich am Gleichheitsgrundsatz orientieren.
Das Kind der Klägerin habe aber lediglich 13.127 DM verdient. Die kindergeldrechtlichen Folgen seien gleich, d.h. in beiden Fällen werde die gleiche Summe Kindergeld nicht gewährt. Es dürfte unstreitig sein, dass im Fall der Klägerin nicht ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden haben, weil hier der Verdienst des Kindes nicht ausgereicht habe, die fehlende Familienförderung abzufangen. Der Rückzahlungsbetrag stehe in keinem Verhältnis zu dem geringfügig die Einkünfte und Bezüge übersteigenden Betrag.
Die Lösungsansätze für die Problematik der Härtefallregelung durch den Gesetzgeber aber auch Seitens der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs seien halbherzig. Bereits deshalb sei die aktuelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nicht verwunderlich. Sie führe konsequent den eingelegten Weg der Folgerichtigkeit von Wertungen fort. Dabei erhalte der Begriff und die Beachtung des subjektiven Nettoprinzips weitere umfassendere Bedeutung.
Die Bezüge des Sohnes für April 2000 seien im Ergebnis wie folgt ...