vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen der Ermittlung des Gewinns aus der Aufgabe einer selbstständigen Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
- Schuldzinsen für betrieblich begründete und bei Betriebsveräußerung bzw. –aufgabe zurückbehaltene Verbindlichkeiten sind nur insoweit nachträgliche BA, als sie nicht auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis und die Verwertung von zurückbehaltenen aktiven WG hätten beglichen werden können, soweit nicht eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs der Schuldenberichtigung vorliegt.
- Eine solche Ausnahme rechtfertigen nur solche der Verwertung zurückbehaltenen Aktivvermögens entgegenstehende Hindernisse, die ihren Grund in der ursprünglich betrieblichen Sphäre haben.
- Es steht nicht im Belieben des Unternehmers, bei einer Betriebsaufgabe betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten zu tilgen. Die Schuldentilgung hat Vorrang vor einer privaten Bedürfnisbefriedigung.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 18
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen der Ermittlung des Gewinns der Klägerin aus der Aufgabe einer selbstständigen Tätigkeit (§§ 16, 18 EStG) sowie der Ansatz von Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben im streitigen Veranlagungszeitraum 2003.
Die Klägerin, die als Chefärztin die Fachpraxis für … führte, gab ihre freiberufliche Tätigkeit infolge einer Umwandlung der hauptamtlichen … in eine Belegabteilung durch den Landkreis … auf. Das entsprechende Arbeitsverhältnis wurde einvernehmlich – u.a. gegen Zahlung eines Betrages von 56.700 € – aus betrieblichen Gründen zum 31. August 2003 beendet. In diesem Zusammenhang erhielt die Klägerin zudem für die Aufgabe ihrer Tätigkeit als freiberufliche … beim Kreiskrankenhaus … eine Abfindung i.H.v. 153.300 €, die an sie mit Wertstellung 27. August 2003 überwiesen wurde. Zu diesem Zeitpunkt valutierte ein von der Klägerin im November 1999 bei der Raiffeisen-Volksbank…aufgenommenes Darlehen über 300.000 DM, das der Umschuldung von Krediten für allgemeine betriebliche Zwecke diente, noch mit 107.901,55 €. Die Laufzeit dieses Darlehen war zu einem Zinssatz von 6,24 v.H. bis zum 2. November 2009 festgeschrieben. Der Klägerin war jedoch die Möglichkeit jährlicher Sondertilgungen i.H.v. 10 % des Ursprungskapitals ohne Berechnung eines Vorfälligkeitsentgelts eingeräumt worden. Im Übrigen sollte insoweit Ziff. 4 der allgemeinen Darlehensbedingungen gelten. Dort heißt es in Abs. 1 unter „Vorfälligkeitsentgelt/Schadensersatz wegen Nichterfüllung”:
„Wenn die Bank sich bei einer Zinsfestschreibung ausnahmsweise mit einer vorzeitigen ganzen oder teilweisen Darlehensrückzahlung einverstanden erklärt, hat der Darlehensnehmer dafür ein Entgelt zu zahlen. Die Höhe dieses Entgelts bestimmt die Bank nach den dann bestehenden Marktverhältnissen.”
Am 4. September 2003 erwarb die Klägerin (vgl. Blatt 41 der Bp-Arbeitsakte Band I) Deka-Fonds-Anteile für 200.000 €, von denen sie Anteile im Wert von 15.400 € am 29. Dezember 2003 veräußerte und am 30. Dezember 2003 als Sondertilgung für das vorerwähnte Darlehen bei der Raiffeisen-Volksbank in Höhe von 15.338,76 € verwandte. Am 13. Januar 2004 veräußerte die Klägerin weitere Deka-Fonds-Anteile im Umfang von insgesamt 101.000 € und verwandte diesen Betrag zur vollständigen Darlehenstilgung nebst Entrichtung einer Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 10.750 €.
Zuvor hatte die Raiffeisen-Volksbank…der Klägerin am 23. September 2003 mitgeteilt, dass im Falle einer Rückzahlung des Darlehens per 15. Oktober 2003 eine Vorfälligkeitsentschädigung von 15.589,74 € anfalle. Eine Sondertilgungsmöglichkeit für 2003 bestehe nicht mehr, da diese bereits am 20. August 2003 ausgeschöpft worden sei.
Späterhin, nämlich am 6. September 2007, hat das Kreditinstitut auf gerichtliche Anfrage mitgeteilt, dass man sich am 23. Oktober 2003 mit der Klägerin auf die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung von 12.000 € geeinigt habe, dieser Betrag sei dann schließlich aber am 18. Dezember 2003 auf 10.750 € reduziert worden. Die entsprechenden – bereits im August 2002 begonnenen – Verhandlungen hätten sich in die Länge gezogen, weil man sich mit der Klägerin über die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung zunächst nicht einig geworden sei (Bl. 66 der Gerichtsakte).
In ihrer für den streitigen Veranlagungszeitraum 2003 beim beklagten FA … eingereichten Einkommensteuererklärung gab die Klägerin, die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ermittelte, ihre laufenden Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit als Chefärztin der … mit 131.216 € an. Hierin enthalten waren u.a. die auf das bei der Raiffeisen-Volksbank…aufgenommene Darlehen entfallenden Schuldzinsen für den Zeitraum 1. September bis 31. Dezember 2003 mit insgesamt 3.595,76 € (30. September: 1.927,14 €; 30. Dezember: 1.668,62 €). Als Veräußerungsgewinn erklär...