Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer vercharterten Motoryacht
Leitsatz (redaktionell)
- Die Anwendung der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter ( AfA-Tabelle AV , BMF, Schreiben vom 15. Dezember 2000 IV D 2-S 1551-188/00, BStBl I 2000, 1532), die auch für die Überschusseinkunftsarten gilt, mit einer Nutzungsdauer von 20 Jahren für Segelyachten (unter 4.4.3) auf die streitbefangene Motoryacht ist wegen der Vergleichbarkeit in Bezug auf den Aufbau und den Rumpf unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung geboten. Sie bildet den vorliegenden Einzelfall vertretbar ab und führt nicht zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung. Allein der Unterschied zwischen einer Segelyacht und einer Motoryacht (die Motorisierung), rechtfertigt keine geringere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer.
- Auch wenn die branchenspezifische AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig Hochsee-, Küsten- und Binnenschifffahrt vom 16. September 1992 (IV A 7-S 1551-103/92, IV A 7-S 1551-103/92, BStBl I 1992, 570) wegen der Branchenunterschiede zwischen der Vercharterung zu Freizeitzwecken auf Binnengewässern und der Binnenschifffahrt (Binnenschifffahrt enthält zusätzlich mit der Beförderung von Personen und Gütern ein Dienstleistungselement) nicht unmittelbar anwendbar ist, gibt doch die dort angeführte Nutzungsdauer von Motorbooten (20 Jahre) zur Überzeugung des Senats hinreichenden Aufschluss darüber, dass eine Motorisierung von Yachten der Annahme einer 20-jährigen Nutzungsdauer nicht entgegensteht.
- Der Nachweis einer kürzeren betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, etwa durch Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme, ist grundsätzlich zulässig. Die Darlegung einer kürzeren betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer muss jedoch derart substantiiert sein, dass für das FG hieraus die Überzeugungsbildung hinsichtlich der behaupteten Nutzungsdauer möglich ist.
- Eine Anwendung der Abschreibungstabelle der Kommunalverwaltung (Runderlass des Innenministeriums vom 24. April 2017 33.12-10306/2 VORIS 20300-) mit der dort für Motorboote aufgeführten Nutzungsdauer von 9 Jahren (für Niedersachsen) kommt nicht in Betracht. Sie ist nicht vergleichbar mit einer amtlichen AfA-Tabelle des BMF für steuerliche Zwecke. Diese Abschreibungstabelle ist ergangen zu § 49 Abs. 2 Kommunalhaushalts- und kassenordnung (KomHKVO) und gerade nicht zu § 7 Abs. 1 EStG. Sie dient erkennbar haushalterischen Zwecken und ist allein bestimmt für Wirtschaftsgüter im Einsatz der Kommunalverwaltung.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 1, 4
Tatbestand
Streitig ist die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer vercharterten Motoryacht.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger erwarb im Januar 2020 eine Motoryacht, genannt „…”. Die Anschaffungskosten betrugen 300.313,93 €. Die Motoryacht wird seither über eine Managementagentur für Urlaube an der M. verchartert und darüber hinaus von den Klägern in geringem Umfang selbst genutzt.
Die Kläger erklärten Einkünfte aus der Vermietung der Motoryacht in Höhe von 1.888,44 €. Abschreibungen der Motoryacht berücksichtigten sie in Höhe von 37.539,83 € als Werbungskosten. Sie gingen dabei von einer Nutzungsdauer von 8 Jahren aus.
Das beklagte Finanzamt legte für die Motoryacht eine Nutzungsdauer von 20 Jahren zugrunde und berücksichtigte die Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 15.015,70 € im Rahmen der Veranlagung. Die Einkünfte aus der Vermietung der Motoryacht betrugen danach 24.412 €.
Gegen den entsprechenden Einkommensteuerbescheid vom 21. Dezember 2021 legten die Kläger fristgerecht Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass ihnen zwar die entsprechende amtliche AfA-Tabelle für den Wirtschaftszweig „Hochsee-, Küsten- und Binnenschifffahrt”, die von einer Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgehe, bekannt sei. Erfahrungsgemäß seien Motoryachten, die in großem Umfang der Vercharterung dienten, jedoch maximal 10 Jahre zur Nutzung geeignet. Danach müssten sie generalüberholt werden, um weiterhin im Charterbereich und somit zur Erzielung von Einnahmen genutzt werden zu können. Daher sei von einer Nutzungsdauer von 8 Jahren auszugehen.
Die Kläger wiesen darauf hin, dass die AfA-Tabelle für Hochsee-, Küsten- und Binnenschifffahrt zwar spezifisch Motorboote aufführe, es gebe jedoch diverse branchenbezogene AfA-Tabellen, die auch Motorboote mit deutlich kürzeren Nutzungsdauern aufführten. Als Beispiel führten die Kläger die AfA-Tabelle für Binnenfischerei mit einer Nutzungsdauer von 10 Jahren für Motorboote an. Die Abschreibungstabelle der Kommunalverwaltung Niedersachsen berücksichtige für Motorboote eine Nutzungsdauer von 9 Jahren. Auch sei der Begriff „Motorboote” als Überbegriff für die vom Kläger angeschaffte Motoryacht das einzige, was sich überhaupt in den Tabellen finden lasse und umfasse folglich alle motorisierten Boote. Der Begriff „Motoryacht” aber sei einem Motorboot für Freizeitzwecke vorbehalten, das über ein Deck und eine Kajüte verfüge und auc...