rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Grob schuldhaftes Verhalten und nachträglich bekannt gewordene Tatsachen bei Kindergeldüberzahlung

 

Leitsatz (redaktionell)

Fordert die Familienkasse wegen fehlender Studienbescheinigungen des Kindes und fehlender Erklärungen über dessen Einkünfte und Bezüge unter Aufhebung der Kindergeldfestsetzung das überzahlte Kindergeld zurück und reichen die Eltern des Kindes erst in der Folgezeit die von der Familienkasse geforderten Unterlagen ein, so liegt grobes Verschulden i.S. des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor, wenn die Eltern den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid der Familienkasse bestandskräftig werden lassen.

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2

 

Streitjahr(e)

2001, 2002

 

Tatbestand

Streitig ist, ob noch rückwirkend Kindergeld für den Sohn A für den Zeitraum Januar 2001 bis Oktober 2002 festgesetzt werden kann oder die Bestandskraft eines Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid des Beklagten diesem entgegensteht.

Die Klägerin ist u.a. die Mutter des Kindes A, geb. 1978. Dieses Kind war seit dem Wintersemester 2000/2001 Student und erhielt Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Die Klägerin beantragte im Januar 2001 Kindergeld für A. Der Beklagte setzte im Mai 2001 Kindergeld für A antragsgemäß mit 300 DM monatlich rückwirkend ab Januar 2001 fest.

Mit Schreiben vom 28. März, 25. Juli und 25. September 2002 forderte der Beklagte die Klägerin auf, für ihren Sohn A die Studienbescheinigungen ab Sommersemester 2001 sowie die Erklärungen über die Einkünfte und Bezüge des Kindes für die Jahre 2001 und 2002 einzureichen. Gleichzeitig mit dem Schreiben vom 25. September 2002 drohte der Beklagte - für den Fall der Nichteinreichung der angeforderten Unterlagen - die Aufhebung der Festsetzung sowie die Rückforderung des Kindergelds an. Die Klägerin äußerte sich hierauf nicht.

Der Beklagte hob mit Bescheid vom 23. Oktober 2002 die Kindergeldfestsetzung für A rückwirkend vom Januar 2001 an auf und forderte das Kindergeld für die Monate Januar 2001 bis September 2002, insgesamt 3.226,68 €, zurück. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Erst im Dezember 2002 reichte die Klägerin die Erklärung über die Einkünfte und Bezüge für das Kind A für die Jahre 2001 und 2002 sowie Studienbescheinigungen seit dem Beginn des Studiums nach.

Der Beklagte setzte darauf hin Kindergeld für das Kind A rückwirkend ab November 2002 fest. Für die Zeit vor November 2002 verwies der Beklagte die Klägerin auf die Bestandskraft des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids. Er lehnte eine Aufhebung des Bescheids ab. Die Klägerin habe zwar nunmehr die Tatsachen vorgetragen, nach denen ihr Kindergeld für A schon ab Januar 2001 zugestanden hätte. Eine Änderung wegen nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO komme aber nicht in Betracht. Die Klägerin habe nämlich im Hinblick auf das nachträgliche Bekanntwerden der Tatsachen grob schuldhaft gehandelt. Sie habe ihre Mitwirkungspflichten verletzt und die angeforderten Unterlagen nicht rechtzeitig eingereicht.

Gegen die Ablehnung der Änderung der Kindergeldfestsetzung richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren die Klage. Die Klägerin ist der Auffassung, die Kindergeldfestsetzung sei rückwirkend auch noch ab Januar 2001 möglich. Die Bestandskraft des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids stehe dem nicht entgegen. Die Klägerin habe nämlich Tatsachen vorgetragen, die eine Änderung des Bescheids nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO rechtfertigten. Sie habe auch nicht grob schuldhaft gehandelt. Der Beklagte habe nämlich die Kindergeldfestsetzung aufgehoben, ohne ihr zuvor rechtliches Gehör zu gewähren. Sie habe zwar die Aufforderung zur Vorlage weiterer Unterlagen mit Schreiben des Beklagten vom 28. März 2002 erhalten. In diesem Schreiben habe der Beklagte aber keine Konsequenzen für den Fall der Nichtvorlage der Unterlagen angedroht. Die weiteren Schreiben vom 25. Juli 2002 und 25. September 2002, mit denen der Beklagte weitere Unterlagen angefordert habe, seien der Klägerin aber nicht zugegangen. Außerdem sei es nicht grob schuldhaft, wenn die Klägerin auf eine Anforderung von Unterlagen nicht reagiere. Die Klägerin habe auch nicht etwa deshalb grob fahrlässig gehandelt, weil sie gegen den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid keinen Einspruch eingelegt hatte. Insoweit habe die Klägerin nämlich auf die getroffene behördliche Entscheidung vertrauen dürfen.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Festsetzungsbescheids vom 26. Februar 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 11. Juli 2003 Kindergeld für das Kind A ab Januar 2001 festzusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung fest, Kindergeld sei für das Kind A erst ab November 2002 festzusetzen, da die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Januar 2001 bis Oktober 2002 durch den Bescheid vom 23. Oktober 2002 bestandskräftig aufgehoben worden sei. Die Klägerin habe das nachträgliche Bekanntwerden von fü...

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